Trickste Vulkan die DMS-Werften aus?

■ Treuhand vertagt Werften-Privatisierung/ Landesregierungen gegen Zuschlag an die Bremer Werft

Bremen/Rostock (taz/dpa) — Die Treuhand hat ihre für gestern angekündigte Entscheidung über den Verkauf der Werften in Mecklenburg-Vorpommern auf „frühestens Mitte März“ verschoben. Treuhand- Pressesprecher Franz Wauschkuhn begründete den Aufschub mit Meinungsverschiedenheiten zwischen der CDU/FDP-Landesregierung und der Treuhandanstalt, die zunächst in weiteren Gesprächen ausgeräumt werden müßten.

Verkauft werden sollen die Neptun-Warnow Werft in Rostock/Warnemünde, die Mathias-Thesen Werft in Wismar und die Dieselmotorenwerke Rostock, die noch zur Deutschen Machinen- und Schiffsbau AG (DMS/Rostock) gehören. Kaufangebote gibt es von der Bremer Vulkan-Werft, der Osloer Kvaerner- Gruppe und Augsburger MAN Burmeister und Wain.

Die IG-Metall favorisiert das Angebot der Bremer Vulkan-Werft, weil es verspreche, viele Arbeitsplätze zu erhalten. Demgegenüber stehen die Landesregierungen von Niedersachsen und Mecklenburg- Vorpommern dem Vulkan-Konzept skeptisch gegenüber.

Der niedersächsische Wirtschaftsminister Peter Fischer warnte die Treuhand, die Werften an Vulkan zu verkaufen: So entstünde ein Schiffbau-Monopol, das über 40 bis 50 Prozent der deutschen Kapazitäten verfügen würde und im Wettlauf um die Subventionen die kleinen und mittleren Werften an die Wand drücken könne. Auch sei bei Vulkan davon auszugehen, daß die Modernisierungsinvestitionen von über einer Milliarde Mark aus dem bundesdeutschen Werften-Topf entnommen werden müßten. Wenn die Norweger einstiegen, würden deutsche Subventionstöpfe geschont.

Auch die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern setzt auf die norwegische Kvaerner-Gruppe. Der Schweriner Landtag hatte bereits am 21. März 1991 einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuß eingerichtet, der aufklären soll, ob Vulkan einen 600-Millionen- Schiffsauftrag mit Schmiergeldern nach Bremen gezogen hat. Außerdem soll der Ausschuß „Vertragsabschlüsse Schiffbau und Schiffahrt“ herausfinden, wie es zu den „Ultimoaufträgen“ kam, bei denen die DMS vor der Währungsunion den Auftrag erhielt, etwa 50 Schiffe unterschiedlichster Tonnage zu „Niedrigstpreisen“ zu bauen.

Per Gericht versucht der Parlamentsausschuß nun, sich den Zugang zu den Vulkan-Akten zu erstreiten. Nach der ersten Sichtung der Unterlagen in geheimer Sitzung erklärte der Leiter des Ausschuß-Sekretariats, Detlef Lindemann, der Verdacht habe sich verdichtet. Der stellvertretende Ausschußvorsitzende Jürgen Seidel (CDU) befürchtete, daß die Vulkan-Gruppe bei konjunkturellen Schwankungen gerade die Kapazitäten der Werften in Mecklenburg-Vorpommern „herunterfahren“ würde.

Aus einem Gutachten des Hamburger Weltwirtschaftsarchives (HWWA) geht nach Seidels Worten hervor, daß die Bremer Vulkan nicht nur im Schiffsbereich zu einem Riesenkonzern aufgebläht und an der Bremer Senatorlinie über mehrere Gesellschaften beteiligt sei. Mittlerweile kontrolliere Vulkan 49,9 Prozent des Eigenkapitals der Senatorlinie. Die Senatorlinie wiederum arbeite in einem weltweiten Zusammenschluß mit der DSR und einer koreanischen Reederei zusammen.

„Der Verdacht hat sich erhärtet, daß es durch den kurz nach der Wende abgeschlossenen Kooperationsvertrag zwischen Vulkan und DMS eine Beeinflußung gegeben hat, damit sich die DMS nicht um die Schiffsbauaufträge der DSR beworben hat“, sagte Ausschußvorsitzender Rainer Beckmann (SPD). Der Schweriner Untersuchungsauschuß wolle nun prüfen, ob sich die Bremer Vulkan in rechtswidriger Weise Vorteile durch Kooperation, Schiffbauaufträge oder Schiffseinkäufe gesichert hat.

Die DMS und die IG-Metall äußerten sich enttäuscht darüber, daß die Privatisierungsentscheidung aufgeschoben wurde. Die Zukunft der DMS hänge davon ab, daß endlich Entscheidungen fallen, sagte Vorstandsmitglied Erwin Kleba. DMS habe in den zurückliegenden Monaten „bis an die Schmerzgrenze“ Personal abgebaut. Der Personalabbau auf 20.091 Mitarbeitern, „entspricht unserem Rationalisierungs- und Sanierungskonzept“, sagte das DMS- Vorstandsmitglied. Für den Bestand im Wettbewerb seien außerdem große Investitionen notwendig. Der Zeitfaktor sei dabei „von existenzieller Bedeutung“. K.W./dri