Klöckner will 70 Millionen-Tausch

■ 200 Hektar „Gewerbepark West“ sollen gegen Altschulden beim Land verrechnet werden

Die Klöckner-Bahn soll für das Gewerbegebiet um einen Kilometer zurückverlegt werden - mit einem sechs bis acht Meter hohen Wall als Lärmschutz zum HochofenFoto: Tristan Vankann

Rund 70 Millionen Mark müßte Klöckner eigentlich in den nächsten Jahren in die leere Bremer Staatskasse einzahlen. Das Geld hatte der Stahlkonzern Mitte der 80er Jahre als Strukturbeihilfe vom Land Bremen erhalten — mit der Verpflichtung, es zurückzuzahlen sobald mit der Stahlproduktion wieder Gewinne gemacht werden. „Hoffentlich nicht so bald“ werde dieser Fall eintreten, erklärte Klöckner-Sprecher Ziegenbalg vergangene Woche gegenüber der taz. Doch das Management scheint es besser zu wissen und hat bereits konkrete Ver

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handlungen mit Wirtschaftssenator Claus Jäger aufgenommen, wie der Stahlkonzern seine Schulden wieder los wird, ohne eine müde Mark dafür zu zahlen.

Klöckner möchte 200 Hektar seines riesigen, in großen Teilen brachliegenden Werksgeländes an die Stadt verkaufen — genauer: zurückverkaufen. Denn das Gebiet hatte Bremen 1955 als Beitrag zum „Generalausbauplan des Hüttenwerks“ an Klöckner verkauft — für den Spottpreis von 50 Pfennig pro Quadratmeter. Würde es jetzt gegen die 70 Millionen Mark Schulden verrech

net, käme das einem Quadratmeter-Preis von 35 Mark gleich — eine Wertsteigerung um fast 7.000 Prozent.

Eigentlich wollte Klöckner auf dem 1955 so billig erworbenen Grund acht Hochöfen bauen. Doch die technische Entwicklung ging weiter, und heute kann die gleiche Stahlmenge in zwei Hochöfen produziert werden — das Erweiterungsgelände wurde nicht gebraucht.

Dafür möchte heute aber der Wirtschaftssenator leere Gewerbeflächen möglichst im Überfluß anbieten können. Die 200 Hektar Klöckner-Gelände geistern deshalb seit einigen Monaten als „Gewerbepark West“ durch die Koalitionsverhandlungen und die Beiräte in Gröpelingen und Burglesum.

Jeweils gegen die Stimmen der Grünen begrüßten die Beiräte die Gewerbepläne. Schließlich war ihnen von Vertretern der Wirtschaftsbehörde versprochen worden, dort solle nur sogenanntes „weißes Gewerbe“ — Ingenieurbüros, Softwarehersteller und ähnliche lärm- und abgasfreie Betriebe - angesiedelt werden. „Die gehen doch viel lieber zur Uni, was sollen die neben einem Hüttenwerk“, glaubt zum Beispiel der grüne Beirat Dirk Schmidtmann aus Burglesum jedoch nicht an solche Konzepte. Und auch Klöckner hat durchaus andere Betriebe als Nachbarn im Auge: „Die finnischen und japanischen Firmen, die zu je 25 Prozent an unserer neuen Verzinkungsanlage beteiligt sind, hätten vielleicht Interesse“, meint Klöckner-Sprecher Ziegenbalg. Geräusch- und geruchlos wäre deren schwerindustrielle Produktion jedoch sicher nicht.

Während solche Ansiedlungsinteressen noch weitgehend unkonkret sind, wird die Verkehrs- Anbindung des geplanten Gewerbegebiets zur Zeit schon sehr konkret: Der erste Teil der A-281, der die Autobahn Bremen-Bremerhaven mit dem Klöckner-Gelände verbindet, steht kurz vor der Fertigstellung. Vierspurig könnten die LKW dann direkt in den neuen „Gewerbepark“ rollen.

Burglesums Ortsamtsleiter Kück rechnet damit bereits sehr schnell. „Schon 1995 könnte die erste Ansiedlung erfolgen, wenn jetzt schnell mit der Bauleitplanung begonnen wird“, sagt er. Eine Änderung des Flächennutzungsplans ist nicht nötig, da das gesamte Klöckner-Gelände bereits als Gewerbegebiet geführt wird — und das, obwohl aus dem seit 1955 brachliegenden Gebiet inzwischen ein Biotop erster Güte geworden ist. Wo das sonst nur noch selten auftauchende Blaukehlchen sich ungestört verbreitet hat.

Ase