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Im Zitterschritt zum Ligaglück

■ In der Aufstiegsrunde ist nach dem 4:2 über Augsburg für den EHC Dynamo weiter alles im Lot

Hohenschönhausen. Nach dem letzten Aufeinandertreffen zwischen den Dynamos und dem Augsburger EV, das die Schwaben in Berlin mit 5:4 gewannen, flüchteten beide Trainer ins Futuristische. »Beim nächsten Spiel kann es genau andersherum ausgehen«, wagte Augsburgs Gunnar Leidborg einen leidvollen Blick in die unergründliche Welt des Eishockey-Schicksals. »Man sieht sich in der Aufstiegsrunde wieder. Dann werden die Karten neu gemischt«, tröstete Hartmut Nickel sich und seine deprimierten Hohenschönhausener.

Die Lebhafteren unter ihnen warteten währenddessen draußen vor der Eisporthalle Steffenstraße, um dem jubilierenden Fugger-Clan andere Flötentöne beizubringen. Aber nicht doch, säuselte der geschickt moderierende Oberpolizist ins Mikro: »Heute haben die anderen gewonnen, nächstes Mal sind wir wieder dran!« Hasta la vista, wohin man auch blickte!

Doch es schien so, als habe Puck, der Eishockey-Gott, den AEV schon vor der heißersehnten Revanche mit Erfolglosigkeit geschlagen. Mit 1:3 Punkten startete der Südmeister jammervoll in die alles entscheidende dritte Aufstiegsrunde; der EHC hingegen, endlich aufgetaut, präparierte sich nach Siegen über Bayreuth und Hannover bereits für den dritten Siegestaumel in Folge.

3.500 Zuschauer wollten im »Welldachpalast« daran teilnehmen. Und schon nach drei Minuten durften die Berliner ihrem Ruf als erstklassiges Publikum gerecht werden: Guido Hiller hatte von der blauen Linie abgezogen und lochte die Hartgummischeibe neben dem düpierten Gäste-Torwart Ian Wood zum 1:0 ein.

Wer jetzt dachte, die Partie sei bereits pro Berlin gelaufen, sah sich getäuscht. Immer wieder mußte der exzellente »Hexer von Hohenschönhausen«, Dynamo-Keeper René Bielke, seine Fangkünste unter Beweis stellen — der AEV drängte auf den Ausgleich. Doch es kam ganz anders. Nach neun bzw. zwölf Minuten Spielzeit im zweiten Drittel erinnerte sich Berlins Star-Kanadier Marc Jooris seiner unvergleichlichen Fahrkünste, entwischte den perplexen AEV-Defensiv-Strategen und ließ die Stadionanzeige unter dem donnernden Applaus seiner Fangemeinde auf 3:0 weiterrotieren. Mit dem Mute der Verzweiflung versuchten die Augsburger, ihre vielleicht schon letzte Aufstiegschance wahrzunehmen. Mehr als zwei Tore durch Zywitzka und Moeser gelangen ihnen jedoch nicht — auch wenn ihr risikofreudiger Trainer Leidborg 40 Sekunden vor Ladenschluß seinen Torsteher Wood zugunsten eines sechsten Feldakteurs vom Eis beorderte. Vielmehr strafte Scott Metcalfe, Dynamos Zweitkanadier, dieses Wagnis, indem er drei Sekunden vor der Schlußsirene den Puck provokant-lässig zum 4:2-Endstand über die ungeschützte AEV-Torlinie tanzen ließ. Die Dramatik hatte ein Ende.

Und wie einst im Dezember, so herrschte auch nach dem Februar- Krimi Übereinstimmung zwischen den beiden Coaches. O-Ton Gunnar Leidborg: »Ein Superspiel von beiden Mannschaften!« Darauf konterte EHC-Trainer Hartmut Nickel: »Ich habe dem nichts hinzuzufügen!« Widerspruch wäre auch sinnlos gewesen. Jürgen Schulz

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