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IG-Metall-Frauensekretärin unter Druck

■ IG-Metall-Mitarbeiter verübeln Frauensekretärin die öffentliche Kommentierung sexueller Nötigung/ Betriebsrat: »Weitere Fälle sexueller Anmache«/ Andere Frauenausschüsse schalten sich ein

Berlin. Die Debatte über sexuelle Nötigung vergiftet weiterhin das Betriebsklima in der IG-Metall-Verwaltungsstelle. Wie berichtet, soll ein politischer Sekretär im Anschluß einer Betriebsfeier am 29. November letzten Jahres eine Mitarbeiterin gewürgt und zu seiner sexuellen Befriedigung gezwungen haben, die Frau soll danach in verwirrtem Zustand von der Polizei nach Hause gebracht worden sein. Entgegen der Forderung des Frauenausschusses, dem Mann zu kündigen, entschied die Geschäftsleitung, den seit Dezember beurlaubten Sekretär zu versetzen, der Bundesvorstand der Gewerkschaft solle ihm eine Stelle inner- oder außerhalb der IG Metall suchen. Daß die Frauensekretärin Angela Schürzeberg-Geißler diese Form von Männersolidarität bei entsprechenden Anfragen der Presse nicht unkommentiert hinnehmen wollte, wird ihr nun schwer verübelt.

Auf einer vor kurzem einberufenen Mitarbeiterversammlung forderten aus dem Osten stammende Gewerkschaftsmänner den Rücktritt der Frauensekretärin und »disziplinarische Maßnahmen«, die es in diesem Fall gar nicht geben kann. Und als der rein weibliche Betriebsrat sich mit einer der taz zugespielten Stellungnahme an die Beschäftigten wandte, erklärten dieselben Kreise in einem kursierenden »offenen Brief« und per Unterschriftensammlung, mit diesem könne man nicht mehr zusammenarbeiten, ohne daß die Geschäftsleitung sich gegen dieses Kesseltreiben verwahre. In den Augen dieser Männer durfte sich der Betriebsrat, dem auch die Frauensekretärin angehört, in diese Angelegenheit nicht einmischen. Dabei hatten die Betriebsrätinnen nur noch einmal deutlich gemacht, was auch in den programmatischen Aussagen der IG Metall im Hinblick auf sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz festgehalten ist: »Daß die Täter zur Rechenschaft gezogen werden müssen und das Hauptaugenmerk im Schutz der betroffenen Frauen liegen muß.« Die öffentliche Darstellung der IG-Metall-Geschäftsführung, die sexuelle Nötigung der Kollegin sei ein einmaliger Vorgang gewesen, wiesen sie jedoch indirekt zurück: Sie seien »von mehreren betroffenen Frauen angesprochen« worden, »weitere Fälle sexueller Anmache« seien ihnen bekannt.

Die Vorfälle innerhalb der IG Metall werden inzwischen in weiten Gewerkschaftskreisen diskutiert. Der Frauenausschuß des DGB hat sich inzwischen mit einem Brief an die IG- Metall-Verwaltungsstelle gewandt, die Frauenausschüsse der ÖTV und des HBV sind ebenfalls dabei, ein Schreiben abzufassen. Die ÖTV- Frauen wollen dem Vernehmen nach darauf dringen, daß eine Dienstvereinbarung abgeschlossen wird, in der eine Staffelung von Sanktionsmaßnahmen je nach Schwere der sexuellen Belästigung festgelegt wird. usche

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