Ottos Co-op-Coup

■ Sonntag, 0.20 Uhr, Kanal 4 auf RTLplus

Knapp vier Jahre ist es her, daß der Co-op-Skandal die Republik erschütterte. Ausgefuchste Manager hatten sich den einst gewerkschaftseigenen Handelskonzern über Jahre nach und nach klammheimlich unter den Nagel gerissen. Mit Hilfe eines abenteuerlichen Systems von ausländischen Briefkastenfirmen, Tochergesellschaften und dank der Künste verschiedener Finanz- und Zahlenakrobaten schrieb der Handelsriese beständig schwarze Zahlen, während er in Wahrheit mit 2,6 Milliarden Mark in der Kreide stand.

Ab kommenden Montag müssen sich nun die Co-op-Manager vor dem Frankfurter Landgericht verantworten. Darunter der ehemalige Chef des Unternehmens, Bernd Otto, dem Heinrich Breloer im letzten Jahr ein beachtliches Fernsehspiel widmete. Im Auftrag des Kölner Mini-Senders „Kanal4“ (der sich damit seine bisher teuerste Produktion leistet) versucht Egmont R. Koch nun in seiner Reportage zum Prozeß noch einmal, die Vorgänge zu rekonstruieren. Mit von der Partie: Bernd Otto, der sich nach zweijähriger U-Haft in bester Laune präsentiert. Wie der Biedermann da pausbäckig auf dem Sofa hockt, eine Mixtur aus „Mutters Bester“ und Schützenkönig, mag man kaum glauben, daß dieser Mensch mit Milliarden jongliert haben soll. Ein Bauernschlauer: Nein, persönlich bereichert habe er sich zu keiner Zeit. Er sei lediglich für seine Dienste gut honoroiert worden. Überhaupt sei das doch nur eine Definitionsfrage. (Womit er zweifellos recht hat, wenn man sich seine Bezüge mehr oder weniger selbst zuteilen kann.)

Und dann kündigt Otto noch eine Bombe an, die er vor Gericht platzen lassen will: die Bilanz, die der nach der Pleite eingesetzte Sanierer, Hans Friedrichs, erstellt habe, sei „getürkt, ein Skandal“. Er werde Beweise vorlegen, daß da Gläubigerbanken gezielt um rund 300 Milionen Mark geprellt worden seien. Was nichts anderes hieße, als daß auch aus der Bestattungszeremonie der Leiche coop noch Gewinn gezogen wurde. Übrigens: Wer da bei all dem Namen- und Zahlenwirrwarr der komplizierten Materie auf die Schnelle nicht ganz mitkommt, braucht sich seiner lückenhaften BWL-Kenntnisse nicht zu schämen. Unser Wirtschaftminister tut's auch nicht. Als „Stern-TV“ in seiner letzten Ausgabe eine Kurzfassung von Kochs Reportage präsentierte, fragte Günther Jauch seinen Studiogast Jürgen Möllemann, ob er der ganzen Sache denn noch folgen könne. Nö, brauche er aber auch gar nicht, kam die verblüffende Antwort, er sei ja damals nicht Wirtschaftsminister gewesen... Er hat halt andere Qualitäten, unser Möllemann. (Am 24.2. wird der Beitrag um 23.55 Uhr auch auf Sat.1 ausgestrahlt.)Reinhard Lüke