Unterm Strich

Die gecancelte Hauptstadt, die eigentlich eher ein Hauptdorf war, wird vom 18. bis zum 28. Juni Ort internationalen Theaterspiels sein. Zum ersten Mal wird die Bonner Biennale veranstaltet. Ein Reihe bekannter Namen läßt auf Anspruchsvolles der europäischen Gegenwartsdramatik hoffen. Tankred Dorst wurde vom Bonner Schauspielintendanten Beilharz mit der Leitung betraut. Dieser wiederum hat Lina Wertmüller, Hélène Cixous, Peter Turrini und Vàclav Havel als Mitarbeiter kooptiert, die jeweils Stücke und Inszenierungen aus ihren Ländern nach Bonn holen. Als Höhepunkt wird bereits ein Lars-Norèn-Stück in einer Inszenierung des Königlichen Dramaturgen aus Stockholm angekündigt, bei der Max von Sydow die Hauptrolle spielt. Ebenfalls eingeladen sind das Moskauer Künstlertheater und das Staatstheater Ankara. Aus Deutschland kommt die Inszenierung der Münchner Kammerspiele von Werner Schwabs Volksvernichtung. Parallel zur Bonner Biennale ist ein Autorenfestival geplant; beides: Theaterbiennale und Autorenfestival soll es im Zweijahresrhythmus geben.

Die Marx-Engels-Gesamtausgabe soll vollständig erscheinen. Dies entschied jetzt die Amsterdamer Stiftung zusammen mit der Konferenz der Deutschen Akademie der Wissenschaften. In Kürze wird auch in Deutschland eine MEGA-Arbeitsstelle mit sieben Wissenschaftlern eingerichtet. Insgesamt sind 130 Bände geplant. 1989 war die Fortsetzung der Reihe ins Stocken gekommen, weil das bis dahin als Herausgeber fungierende Institut in Moskau kein Geld mehr hatte. Jetzt liegt die Herausgeberschaft in den Händen des Amsterdamer Instituts.

Der traditionsreiche Jüdische Verlag, 1902 gegründet und im Sommer 1990 vom Suhrkamp-Verlag übernommen, hat jetzt einen Neuanfang mit sieben Titeln gestartet. Glanzstück des Startprogramms ist die deutsche Ausgabe von Gershon ScholemsSabbatai Zwi. Der mystische Messias.

Ehre, wem Ehre gebührt: heute den Machern des 'SZ‘-Magazins von gestern. Sie organisierten ein Gespräch zwischen den Rollstuhlfahrern Peter Radtke, Schauspieler, und Wolfgang Schäuble, Bundesinnenminister, über Minderheitenprobleme, Behindertenwitze, Schmerzen, Therapie und peinliche Preisverleihungen, bei denen Auszeichnungen nur für die tolle Leistung vergeben werden, wie sie ihr Leben bewältigen. Im Gespräch stellte sich nebenbei heraus, daß sie dieselbe Rollstuhlmarke fahren.

Doch kein Verkehrschaos in Aussicht bei der Eröffnung der documenta IX in Kassel — aller Voraussicht nach. Die Organisatoren jedenfalls atmen schon auf: Der am 13. Juni, dem Tag der documenta- Eröffnung in Kassel, stattfindende Marathon-Wettlauf wird nun doch nicht vor dem documenta-Gebäude starten, sondern (zeitlich versetzt) vor dem Rathaus.

Der Schriftsteller Günter Grass hat sich anläßlich einer Ausstellungseröffnung in Dresden für ein gesamtdeutsches Geschichtsforum und eine „DDR-Amnestie“ ausgesprochen, um den „Stasi-Vorverurteilungen“ ein Ende zu setzen.