UNO will Birmas Militärjunta verurteilen

UNO-Sonderberichterstatter zeichnet düsteres Bild der Lage in Birma: institutionalisierte Brutalität der Armee gegenüber der Zivilbevölkerung/ Parteien werden zerschlagen, Rebellengruppen und Sitz der Gegenregierung sind in starker Bedrängnis  ■ Von Larry Jagan

Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die UNO die Menschenrechtsverletzungen in Birma verurteilen. Am vergangenen Dienstag hat die UNO- Menschenrechtskommission beschlossen, einen Resolutionsentwurf vorzubereiten, der voraussichtlich im Sommer von der Generalversammlung behandelt werden wird. Für die Militärjunta in Rangun, die gegenüber der eigenen Bevölkerung gerne darauf hinweist, daß sie als legitime Regierung von der UNO anerkannt sei, ein schwerer Schlag.

Bei der diesjährigen Sitzung der UNO-Menschenrechtskommission zeichnete der Japaner Yozo Yokota, der sich als Sonderberichterstatter im Auftrag der UNO im Oktober in der Hauptstadt Rangun aufgehalten hatte, ein düsteres Bild institutionalisierter Brutalität der Armee gegenüber der Zivilbevölkerung. Wie es in seinem — vertraulichen — Bericht heißt, halten Folter, Zwangsarbeit und Mißhandlung politischer Gefangener durch die Behörden ungemindert an.

Üblicherweise finden die Sitzungen der Menschenrechtskommission hinter verschlossenen Türen statt. Nach Information von Diplomaten stellte aber Frankreich am vergangenen Dienstag den Antrag auf Öffentlichkeit der Diskussion. Der, wie es heißt, „scharf formulierte“ Antrag wurde von Indien unterstützt und von der Kommission ohne Gegenstimmen angenommen. In den kommenden zwei Wochen wird die Kommission voraussichtlich endgültig über den Entwurf einer UN-Resolution gegen die Menschenrechtsverletzungen in Birma beschließen. Sollte dieser angenommen werden, würde Yakotas Bericht öffentlich.

Die Behörden hinderten Yokota daran, die unter Hausarrest stehende Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi zu besuchen. Und ein Treffen mit General Tin U, der gemeinsam mit Aung San Suu Kyi die NDL gegründet hatte und zu drei Jahren Haft verurteilt wurde, wurde ihm ebenfalls nicht gestattet. Tin U, dessen Haft in diesem Jahr abgelaufen wäre, ist Berichten aus Rangun zufolge im Gefängnis durch ein Militärtribunal „wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten“ zu weiteren sieben Jahren verurteilt worden. Wie Yokota zeigt, gehen Schikane und Einschüchterung gegenüber der oppositionellen National League for Democracy (NDL), die bei den Wahlen 1990 über 80 Prozent der Mandate errungen hatte, unvermindert weiter. Mehrere NDL-Kandidaten sind bislang zu Tode gekommen. Viele sind in Haft oder wurden zum Rücktritt gezwungen. Aus Rangun heißt es jetzt, daß die Junta von der NDL verlangt habe, bis zum 5. Februar alle Porträts von Aung San Suu Kyi aus ihren Büros zu entfernen. Überdies wurden alle Besitzer von Gebäuden, die NDL-Büros beherbergen, aufgefordert, sicherzustellen, daß in ihren Räumen keine Aktivitäten stattfinden, die sich gegen die Junta richten.

Die Kampagne gegen die Oppositionsparteien hat seit den Studentenprotesten anläßlich der Verleihung des Nobelpreises an Aung San Suu Kyi weiter zugenommen. Verhaftungen von Abgeordneten, PolitikerInnen und BeamtInnen, die sich geweigert haben, einen regierungsamtlichen Fragebogen zu ihrer politischen Einstellung auszufüllen, werden in den vergangenen Wochen verstärkt gemeldet.

Vergangenen Woche verkündete die Junta, daß von den über neunzig Parteien, die sich an den Wahlen von 1990 beteiligt haben, nur noch 34 „legal“ seien. Die übrigen wurden wegen „Verstoßes gegen Regierungsvorschriften“ aus dem Parteienregister gestrichen. Jede Partei, deren Exekutivkomitee aus weniger als fünf Mitgliedern besteht, gilt danach als nicht funktionsfähig. Außerdem erklärte die Regierung, sie habe die Kontrolle über alle Parteifonds übernommen, um „einen Mißbrauch, Diebstahl und Unterschlagung“ zu verhindern.

Auch die noch legalen Parteien stehen unter starkem Druck: drei führende Mitglieder der Democracy Party wurden kürzlich festgenommen. Ihre Verurteilung wird wohl auch das Ende der Partei bedeuten.

Unterdessen wird die Lage an der birmesisch-thailändischen Grenze immer verzweifelter. Seit dem Beginn der Regierungsoffensive vor zwei Monaten sollen sich über 6.000 Menschen in den Ort Manerplaw, dem Hauptquartier der ethnischen Rebellen und Sitz der Gegenregierung, geflüchtet haben. Brang Seng, ein Führer der Democratic Alliance of Burma (DAB), in der ethnische Rebellengruppen und oppositionelle Studenten zusammengeschlossen sind, erklärte gegenüber der taz, angesichts der großen Zahl der Flüchtlinge in Manerplaw sei die Fähigkeit der Widerstandsgruppen, ihr Hauptquartier zu verteidigen, unter unhaltbaren Druck geraten ist. „Wir appellieren an Hilfsorganisationen, Regierungen und Freunde, uns internationale humanitäre Unterstützung zu geben angesichts der immer weiter wachsenden Zahl der Flüchtlinge“, sagte er. Diese finanzielle Hilfe werde für Medikamente, Nahrung, Kleidung und Errichtung von Unterkünften gebraucht. Berichten aus der Grenzregion zufolge hat die Rebellenführung zunehmend Schwierigkeiten, die alltägliche Versorgung der Rebellen und ihrer Familien in Manerplaw aufrechtzuhalten. „Manerplaw muß um jeden Preis verteidigt werden“, sagte Brang Seng, „denn dies ist nicht nur das Hauptquartier der Karen [Manerplaw liegt im Gebiet der Karen-Minderheit, d.Red.], sondern repräsentiert auch das Zentrum des gesamten Widerstands gegen Rangun“.

Vergangenes Wochenende bombardierte das birmesische Militär wiederholt die Berge um Manerplaw. Dabei hat es allerdings unterschiedlichen Quellen zufolge wenig Schaden gegeben, da die birmesische Luftwaffe aus Furcht vor SAM- Abwehrraketen der Karen so hoch flog, daß ihre Zielgenauigkeit sehr gering gewesen sei.

Auch die Bodenkämpfe haben sich weiter intensiviert. Und es wird noch zwei Monate dauern, bis die Regenzeit zur Beendigung der Kämpfe zwingt. So müssen die Rebellentruppen sich weiter auf schwere Kämpfe vorbereiten. Die Militärjunta hofft, Manerplaw bis zum 27. März, dem „Tag der Armee“, einzunehmen. Wenn Manerplaw fällt, sagen westliche Beobachter in Rangun, wird die Junta ihren vollständigen Sieg über die Opposition im Lande erklären. Wenn sie andererseits keine wesentlichen militärischen Erfolge gegen die ethnischen Minderheiten an der Grenze vorweisen kann, wird sie sich zweifellos vor ein wachsendes Problem bei der Moral ihrer Truppen gestellt sehen. Und das könnte möglicherweise zu Veränderungen innerhalb des Militärs selbst führen.