INTERVIEW
: „Die Weißen müssen sich jetzt entscheiden“

■ Willy Esterhuyse, Politikprofessor in Stellenbosch, zum geplanten Referendum über Rassentrennung in Südafrika

Der ANC hat am Freitag die Absicht von Südafrikas Präsident Frederic de Klerk angegriffen, ein „weißes“ Referendum zur Frage der Rassentrennung abzuhalten. Die Befragung, von deren Ausgang sich die Regierung nach dem Sieg der rechtsradikalen „Konservativen Partei“ (KP) abhängig machen will, sei ein Veto der Weißen gegen die Rechte aller Südafrikaner. Die KP kündigte an, das Referendum zu boykottieren, wenn ihr „die Fragestellung nicht gefalle“.

taz: War der Sieg der Ultrarechten bei der Nachwahl in Potchefstroom wirklich so katastrophal für die Nationale Partei?

Esterhuyse: Die Wahl zeigt, welche Unterstützung De Klerk derzeit bei den Afrikaandern hat. Zudem ist es sein Heimatterrain. Ich denke dennoch nicht, daß es ein genereller Trend ist.

Präsident De Klerk hat blitzschnell reagiert. Ist das Referendum die Chance, nun sein Versprechen einzulösen, die Weißen vor Verhandlungsende noch einmal zu befragen?

Esterhuyse: Es war eine sehr mutiger Schritt, aber auch der einzige, den er machen konnte. Anderenfalls wäre er das Dauerangriffsziel der Konservativen Partei gewesen.

Haben die Nationalen eine Pleite in Potchefstroom kalkuliert, um ein schnelles Referendum zu ermöglichen?

Esterhuyse: Nein. Sie haben auf einen Sieg gehofft, oder zumindest auf eine mildere Niederlage. Die große Mehrheit der KP war ein Schock. Aber sicher haben sie die Möglichkeit eines Referendums spätestens seit letzter Woche diskutiert. Daher konnte De Klerk auch so schnell und zuversichtlich handeln.

Wie stehen die Chancen für De Klerk, das Referendum zu gewinnen?

Esterhuyse: Er hat sicher eine gute Chance, es hängt von der Fragestellung ab. Sie wird sicher so formuliert sein, daß auf die Weißen Druck ausgeübt wird, sich zu entscheiden, ob sie Verhandlungen nun befürworten oder nicht. Eine Menge Wähler werden dabei gewahr werden, daß die Option Regierung oder KP eine große Bedeutung für die politische und wirtschaftliche Zukunft hat. De Klerk ist sehr clever, das aufzubringen. Die Weißen diskutieren jetzt schon darüber, was passiert mit Südafrika, wenn die Ultrarechte die Macht übernimmt. Werden wir irgendeine Stabilität haben, werden wir isoliert sein wie in der Vergangenheit?

De Klerk hat schon vor der Niederlage angefangen, den Weißen klar zu sagen, was Sache ist.

Esterhuyse: Es ist die Stunde der Wahrheit, der Scheideweg. Die Weißen müssen sich jetzt entscheiden.

Und wenn er verliert?

Esterhuyse: Dann gibt es Ärger. Das wäre für mich das Krisenszenario, mit einem sehr viel höheren Grad an Polarisierung: Viele rassistische Weiße dächten plötzlich, sie hätten das Sagen, und das wird eine starke Wirkung auf die Haltung der Schwarzen haben. Dann bricht alles zusammen und wir haben eine Schwarz-weiß-Konfrontation, wie sie dieses Land noch nie erlebt hat.

Einschließlich Militärputsch?

Esterhuyse: Ich wäre nicht überrascht, wenn das Militär die ganze verdammte Sache übernimmt und sagt: Das können wir den Politikern nicht mehr überlassen. Das ist das Muster in der ganzen Welt, speziell in Afrika.

Wo steht das Militär im Augenblick?

Esterhuyse: In den höheren Rängen gibt es sicher eine starke Unterstützung für De Klerk. Die Militärs argumentieren, daß sie in der Vergangenheit die Hauptlast der politischen Probleme tragen mußten, die die Regierung produziert hat. Daran haben die kein Interesse mehr. Interview: Tim Murphy