Airline-Chefs machen Front gegen Schönefeld

■ Fluglinien suchen Kraftprobe: Bei Umzugsplänen nach Schönefeld werden Senat und Bund Planungsmentalität wie in »totalitären Regimen« vorgeworfen

Berlin/Bonn. Ein Gutachten des Bundesverkehrsministeriums hat einen schweren Streit zwischen dem Senat, dem Bundesverkehrsminister und Vertretern von Luftverkehrsgesellschaften ausgelöst. Das Gutachten des »Deutschen Instituts für Luft- und Raumfahrt« (DLR) war zu dem Schluß gekommen, daß bereits 1993 die Chartergesellschaften und zwei Jahre später alle Auslandsflüge von dem Stadtrand-Flughafen Schönefeld starten könnten und sollten. Tegel, von dem derzeit etwa drei Viertel aller Passagiere starten, könnte so entlastet werden.

Bei einem nichtöffentlichen Gespräch am Freitag vor einer Woche warf Heinz Schild, Chef der »Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftverkehrsunternehmen« (ADL), dem Senat und der Bonner Bundesregierung vor, daß »die in der Studie entwickelten Schritte schmerzlich an ‘Planungen‚ in totalitären Regimen der Vergangenheit erinnern, wo irgendwo entschieden wurde, wer wann und wo wohin zu reisen hat oder reisen darf«.

Bei dem Treffen der »Arbeitsgemeinschaft Flughäfen Berlin-Brandenburg« habe es, so ein Insider gegenüber der taz, »einen richtigen Aufstand« gegeben. Als es um das DLR-Gutachten gegangen sei, »haben die Airline-Chefs fast auf den Tischen gestanden«. Trotz der nach außen hin vorgetragenen Bereitschaft, nach Schönefeld umzuziehen, forderten die Vertreter großer Luftfahrtgesellschaften hinter verschlossenen Türen einen Ausbau von Tegel und Tempelhof.

Klaus-Peter Stuckert, bei der Verkehrsverwaltung zuständig für den Luftverkehr, wies den Vorwurf, eine totalitäre Planung zu verfolgen, zurück: »Solche Äußerungen liegen neben der Sache.« Das Deutsche Institut für Luft- und Raumfahrt habe sich große Mühe gegeben, Kriterien für die Aufteilung des Luftverkehrs zu erarbeiten. Die Studie sei der Versuch, auf einer gutachterlichen Grundlage Entscheidungen zu treffen. Karl Kappel, Vertreter des Bundesverkehrsministeriums, glaubt, daß ADL-Chef Schild seine Äußerungen »nicht so gemeint« habe. Zur Studie sagte Kappel, daß sie von falschen Voraussetzungen ausgegangen sei, weil weder in diesem Jahr das neue Terminal in Tegel noch im kommenden Jahr das Abfertigungsgebäude in Schönefeld fertiggestellt sei.

Schild bekräftigte gegenüber der taz seine Äußerungen: »Man kann uns nicht enteignen und nach Schönefeld bringen.« Fluggesellschaften richteten ihr Angebot nach dem Markt aus. Der ehemalige DDR- Flughafen müsse schneller als bisher attraktiv gestaltet werden, dann würden Gesellschaften auch »nach drüben« gehen. Der Vertreter der Lufthansa, der bei dem Treffen in Tegel die Interessen seiner Liniengesellschaft vertrat, war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Dirk Wildt