Bei Mark & Michael zuhaus

■ Lobrede von Richard W. Bann anläßlich des 100. Geburtstages von Hal Roach am 14.1.92, gehalten in der Library of Congress in Washington, D.C. am 22.1.1992

Hal Roach ist heute der einzige Mensch auf Erden, der aus erster Hand die gesamte Geschichte — die gesamte Geschichte — der Unterhaltungsindustrie erlebt und in der Tat mitgestaltet hat. Film, Rundfunk, Fernsehen, Laser-Disks. Er hat in seinem Leben absolut alles gesehen. Er hat Mark Twain und Michael Jackson zuhause besucht. Er hat diese Industrie mitbegründet, aufgebaut, beobachtet und kritisiert — und zwar von 1912 bis heute. Man muß sich das einmal vorstellen! Allein diese Tatsache grenzt ans Wunderbare. Wir haben es hier mit einem wahrhaft erstaunlichen Mann zu tun.

Jay Leno war letzte Woche auf einer dieser Filmparties. Er war überrascht, als er Hal Roach begegnete — als ob, „wenn man ägyptische Geschichte studiert, Tut-ench- Amun treffen würde — oder, als Bürgerkriegshistoriker, Abraham Lincoln.“ Die wunderbare Ironie liegt natürlich darin, daß zwar niemand von uns hier sagen kann, er habe Abraham Lincoln gekannt, aber Hal Roachs Vater — sein Vater! — kannte General Robert E. Lee: die beiden wohnten Tür an Tür. Hal Roachs Großvater besaß ein Stück Land hier in der Nähe, wo heute jenes riesige Gebäude steht, das wir das „Pentagon“ nennen. Die Familie wurde damals als Folge jenes gar nicht so weit zurückliegenden Ereignisses vertrieben, das wir — wie gesagt — unter der Bezeichnung „Bürgerkrieg“ kennen.

Vor sechsundzwanzig Jahren habe ich Hal Roach zum ersten Mal angerufen, ganz spontan und aus heiterem Himmel. In der Anfangszeit des Fernsehens hatte ich alle diese wunderbaren kleinen Komödien gesehen, die seinen Namen trugen. Und seine Persönlichkeit entspricht ganz und gar seiner Art, Filme zu machen: direkt und ohne jede Spur von Anmaßung. Die Tausenden von Komödien, die er gedreht hat — gute und schlechte — handelten von einer Welt des Vergnügens und des Optimismus. Und so hat er auch sein Leben gelebt. Sein Credo als Filmemacher lautete immer: Es muß kurz sein, es muß witzig sein, und es muß für die ganze Familie geeignet sein.

Hal Roach mag es nicht besonders, wenn er hört, wie andere ihn loben. Ich bin sicher, er sitzt da draußen und denkt: „Bitte komm endlich auf den Punkt. Bringen wir die Sache hinter uns, damit ich verdammt nochmal endlich hier rauskomme.“ Hal schaut immer nach vorn. Wenn man auf seiner Seite ist — großartig. Wenn nicht, dann sollte man ihm tunlichst aus dem Wege gehen, denn er ist nicht aufzuhalten. Sein Blick ist immer schon darauf gerichtet, was als nächstes kommt. Er schaut niemals zurück. Wenn ich als Historiker mit ihm über die großartigen Filme spreche, die er gemacht hat, dann dauert es nicht lange, bis er einfach das Thema wechselt und mit einer Handbewegung meint: „Schön und gut, aber das ist alles längst Vergangenheit!“

Aus dem Amerikanischen von Hans Harbort