Die Gullits aus Hessen

■ Kein Sieg verdient: Frankfurt - Kaiserslautern 1:1

Kaiserslautern (taz) — Schön war es, als noch die Mannheimer als Prügelknaben herhalten durften, an denen sich der Pfälzer Lokalpatriot so richtig austoben konnte. Doch vor zwei Jahren waren es die Waldhofer leid, sie zogen ab gen zweite Liga. Seither müssen notgedrungen die Spiele des 1. FC Kaiserslautern gegen die Frankfurter Eintracht als Regionalderbys herhalten. Tatsächlich gibt es ein Verbindungsglied zwischen beiden Klubs: Jürgen Friedrich. Jahrelang spielte er bei der Eintracht, wechselte 1968 nach Kaiserslautern und wurde dort neun Jahre später der jüngste Bundesliga-Präsident.

Vor dem Spiel des Tabellenzweiten gegen den Dritten hatte es auf beiden Seiten Turbulenzen gegeben. Meistercoach Kalli Feldkamp bootete Scherr, Hoffman und Witeczek aus und kam aus Hamburg mit zwei Punkten zurück. Bei der Eintracht meldete sich Uli Stein aus dem Off, und just vor dem Spiel verdichteten sich die Gerüchte, daß Andreas Möller in gar nicht ferner Zukunft für den lombardischen Provinzclub Atlanta Bergamo spielen wird. Dazu der Betroffene: „Entschieden ist noch nichts.“ Der Präsident Ohms: „Die Entscheidung liegt allein bei Andi Möller, bei diesen Gehaltsdimensionen können wir nicht mithalten.“

Was Möllers Weggang von der Eintracht bedeuten würde, wurde in der ersten Halbzeit auf dem Betzenberg deutlich. Kaiserslautern, ohne seinen designierten US-Nationalspieler Thomas Dooley, rannte wild an, die Eintracht zauberte mit Falkenmeyer, Bein und Andreas Möller Fußball der Spitzenklasse auf den Rasen. Die Lauterer waren gar so nervös, daß der ansonsten stoisch ruhige Wolfgang Funkel am eigenen Strafraum Björn Anderson so geschickt ins Spiel brachte, daß dieser beim besten Willen nicht ablehnen konnte. Tormann Gerri Ehrmann, zu diesem Zeitpunkt leider elf Meter von seinem Tor entfernt, konnte dem Ball nur noch hilflos hinterherschauen — 0:1.

Dieser Vorgang schockte den Deutschen Meister scheints sehr; er spielte fortan — wie zuletzt im Juni 1991 gegen die Gladbacher Borussia — total konfus. Was die Frankfurter zu noch mehr Spielwitz anstiftete: Möller, Falkenmeyer und Bein mimten fortan Guillit, Rijkaart und van Basten.

Allein der gute Abschluß blieb ihnen versagt, sie trafen das Netz nur von außen. „In der Halbzeit waren wir sehr deprimiert“, gab Kalli Feldkamp hinterher zu. Und Dragoslav Stepanovic war zufrieden mit dem einen Punkt, der seiner Eintracht schließlich blieb, denn nach der Pause kam der echte FCK. Angetrieben von dem Ex-Erfurter Thomas Vogel und dem Dänen Goldbeck erspielten sich die Roten Chance um Chance. Hoffmann aus 18 Metern, Vogel vom Elfmeterpunkt, Hotic per Kopf, Goldbeck aus 30 Metern, Scherr von der Strafraumgrenze, Endstation war stets Uli Stein. Erst zwölf Minuten vor dem Ende, kurz nachdem der souveräne und in Hektikspielen erprobte Schiedsrichter Manfred Hader Stefan Kunz einen zweifelhaften Elfmeter verweigert hatte, köpfte eben jener Lauterer vor das Tor, touchierte Thomas Vogels rechtes Auge und von dort flog der Ball ins linke Eck — 1:1 Endstand.

So bleiben beide Kontrahenten auf Tuchfühlung zu den führenden Dortmundern und Stuttgartern, und mit beiden haben es die Pfälzer und die Hessen schon bald zu tun.

Frankfurt: Stein - Binz - Roth, Bindewald - Frank Möller, Andreas Möller, Bein, Falkenmayer, Weber - Andersen, Yeboah

Zuschauer: 38.000

Tore: 0:1 Andersen (23.), 1:1 Kuntz (78.)

Kaiserslautern: Ehrmann - Kadlec - Funkel, Schäfer - Scherr (90. Witeczek), Haber, Hotic, Lutz (54. Goldbaek), Hoffmann - Vogel, Kuntz