Abgeordnete wollen Kirchen ans Steuersäckel

Hamburg (dpa) — Für eine Abschaffung oder Änderung des Kirchensteuersystems in Deutschland haben sich Bundestagsabgeordnete von SPD, FDP und CDU ausgesprochen. In Interviews der 'BZ am Sonntag‘ sagten die Abgeordneten Wolfgang Lüder (FDP), Franz Romer (CDU) und Edith Niehuis (SPD), das Kirchensteuersystem in Deutschland müsse aus verfassungsrechtlichen Gründen, wegen der Rechtsangleichung in Europa und der bisherigen Steuer-Ungerechtigkeit abgeschafft werden.

Der Berliner FDP-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Lüder sagte, die Kirchensteuer dürfe „nicht unter dem Deckmantel vermeintlicher Religiosität zum Tabu gemacht werden“. „Das religiöse Engagement der Gläubigen würde größer, wenn die bisherigen Zwangsbeiträge in Form der Kirchensteuer abgeschafft würden und die Kirchen sich selbst um ihre Einnahmen kümmern müßten“, meinte der ehemalige Berliner Wirtschaftssenator. Nach Ansicht des CDU-Sozialexperten im Bundestag, Franz Romer, könnte die Kirchensteuer in eine allgemeine Kultur- und Sozialsteuer umgewandelt werden, die alle Steuerzahler entrichten müßten. „Sie würde bei Kirchenmitgliedern an die Kirchen und bei Konfessionslosen an den Staat zur Finanzierung von Schulen, Krankenhäusern und Kindergärten abgeführt.“ Der CDU-Politiker begründete seinen Vorschlag damit, daß die steigende Zahl von Kirchenaustritten zu Steuer-Ungerechtigkeit führe. Die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Frauen und Jugend, Edith Niehuis, hält die Kirchensteuer für „verfassungsrechtlich bedenklich“. Die SPD-Politikerin meinte, einige der Religionsgemeinschaften, für die der Staat die Steuern eintreibe, hielten sich nicht an das Grundgesetz. Es sei zum Beispiel ein Verstoß gegen Artikel 3 der Verfassung, wenn Frauen nicht zum Priesteramt zugelassen würden. Oder gegen Artikel 6, wenn Priester, die heirateten, ihren Beruf aufgeben müßten. „Das darf der Staat nicht dadurch billigen, daß er für diese frauen- und familienfeindlichen Religionsgemeinschaften sogar die Mitgliedsbeiträge abrechnet, kassiert und bei Bedarf sogar einzieht.“