Puppenstube? Eine Herkulesarbeit!

■ Dem Kulturrat ist Trüpels neues Miniministerium allein für Kultur gerade recht

Wenn es nach dem bremischen Kulturrat geht, kriegt Helga Trüpel, nunmehr Chefin des kleinsten Ressorts der Welt, erst recht viel zu tun: „Von wegen Puppenstube! Das wird eine Herkulesarbeit!“ sagt Norbert Kentrup, Sprecher der Sektion Theater.

„Unsern Gestaltungswillen aufzwingen!“ ist die Devise

Vor fünf Wochen erst ist das Zentralorgan hiesiger Kulturproduzenten gegründet worden; gestern schon traten zahlreiche RädelsführerInnen vor die Landespressekonferenz und klopften wacker auf ihre Schilde.

Das kühne Vorhaben, der Regierung „unseren konstruktiven Gestaltungswillen aufzuzwingen“ (Klaus Bernbacher, Sektion Musik) äußerte sich schon mal in ersten konkreten Forderungen. Man will:

einen Vertretungssitz in der Kulturdeputation

Rederecht im Landtag, wie es z.B. die Kammern schon besitzen

halbjährlich einen runden Tisch mit allen Parteien, auf daß die Kultur im Gerede bleibe

und einen vernünftigen Kulturplan aus der zuständigen Behörde, gültig bis zum Jahr 2.000

Damit es überhaupt etwas zu gestalten gibt, beharrt der Kulturrat auf seiner Forderung, den Kulturhaushalt zu verdoppeln. Einzelne Sektionen haben schon Schwerpunkte ihres Minimalbedarfs aufgestellt. Gestern rückten sie damit der Reihe nach an.

Die Sektion Theater fordert zuallererst ein „qualifiziertes Theaterreferat“ in der Behörde - ein beherzter Steinwurf auf Frau Siefken-Schulte, die es noch inne hat. „Alle Bremer Theater erklären hiermit, daß sie mit dieser Person nicht weiterarbeiten können“, so Sprecher Kentrup. Weiterhin hält man u.a. ein Theaterhaus für Freie Gruppen und dazu einen festen Gastspieletat für dringend geboten.

Die Sektion Literatur will ein Literaturhaus und sucht dafür schon mal Gönner; die Sektion Bildende Kunst will ihre Schutzbefohlenen endlich gefördert wissen: hauptsächlich (statt ABM) mit Stipendien, gerne auch für Reisen und hilfreiche Ausstellungen draußen in der Welt; die Sektion Film gibt zu bedenken, daß nicht nur „das Medienzentrum Walle jetzt wohl endgültig gestorben ist“ (Ruth Stegemann). Auch das Filmbüro, bisher nur von ABM-Kräften getragen, steht demnächst vor dem Aus — usw.

Allerdings lehnen selbst die die vielen von ABM-Kürzungen bedrohten Gruppen eine Rückkehr zur ABM-Förderung durchweg ab. Sie fordern stattdessen, daß das Land Bremen seine Pflicht wieder schultert: „Da werden die fünf Millionen, die die Kultursenatorin jetzt zusätzlich kriegt, nicht reichen“, sagte ein Vertreter des Lagerhauses, „wir rechnen mit 20 Millionen Bedarf.“

Überhaupt war von Depression keine Rede. Stattdessen trommelt man für die Anerkenntnis eines „Grundrechts auf Kultur“. Klaus Bernbacher stärkte die Reihen mit der Meldung, daß eine Initiative des Deutschen Städtetages sich schon um dessen Verankerung in der Verfassung bemühe.

Im übrigen vertraut man auf bereits bewährte Zähigkeit: „Das hätte ja kaum jemand geglaubt, daß wir nicht gleich an Selbstzerfleischung eingehen“, sagte Brigitte Schulte-Hofkrüger von Dacapo. Die nächste Maßnahme dieses Kulturbunds, der sich bewußt als lockere Arbeitsgemeinschaft sieht — „mit Telefonketten und so“ (Kentrup) — wird bereits debattiert: ein großer Kulturkongreß im Sommer. schak