Syrien

■ betr.: "Gebrochene Menschen verlassen die Knäste", taz vom 17.2.92

betr.: „Gebrochene Menschen verlassen die Knäste“ von Jürgen Loer, taz vom 17.2.92

„Du meine Güte! Endlich!“ habe ich mir gedacht, als ich den Syrien-Artikel von heute las. Es läßt sich kaum beschreiben, welche Gefühle von Wut und Verzweiflung in mir hochkamen, denn: die Einschätzung deckt sich voll mit denen von Insidern, die — es kann nicht laut genug geklagt werden — bisher nur bei Insidern Gehör fanden.

Zehn Jahre lang hat meine Gruppe gegen das wohlwollende Desinteresse von Sympathisanten angekämpft. „Ganz toll, was ihr macht, aber ich habe im Moment keine Zeit“ — Reaktion: fünf Mark mehr in der Sammelbüchse, aber keine Unterschrift auf dem Appell.

„Unser“ syrischer Gefangener wurde nach zehn Jahren Haft „schon“ bei der letzten Amnestie freigelassen — in welchem Zustand auch immer... Weitere Fälle aber bleiben unbearbeitet liegen. Die individuelle Freiheit gestreßter Wohlstandsbürger läßt den Einsatz für die Freiheit anderer nicht zu. Wer möchte sich schließlich neben all den Freizeit-„Verpflichtungen“ die Zeit für einen Protestbrief nehmen?

Über all den Erfolgen der gelobten Menschenrechtsorganisation aber scheint eins vergessen zu sein: amnesty international ist eine Menschenrechtsbewegung! Ohne die Mitarbeiter vieler bewirken wir nichts. Während unsere Mitglieder gegen die gehäuften Menschenrechtsverletzungen anstrampeln, scheinen andere sich beruhigt in dem Gefühl zu sonnen, die Arbeit werde schon von Fachleuten erledigt. — Weit gefehlt! Wir suchen dringend Helfer. Und: Anfragen werden von unserem Büro in Bonn gerne beantwortet. „Amnesty International“, Bonn genügt. Ursula Siewert, Köln