"Vergewaltigung ist ein Politikum!"

■ betr.: "Zwangsmutterschaft nach Vergewaltigung", taz vom 19.2.92

betr.: „Zwangsmutterschaft nach Vergewaltigung“, taz vom 19.2.92

Statt allein Solidaritätsbriefe an Salman Rushdie ins Leben zu rufen, sollten Sie jetzt zu einer Kampagne zur Solidarität mit dem 14jährigen irischen vergewaltigten Mädchen aufrufen.

[...] Veranlassen Sie in einem Aufruf — dem ich mich persönlich hiermit anschließe — eine internationale Kampagne, in der Gynäkologinnen dazu aufgerufen werden, nach Irland einzureisen um eine „illegale“ Abtreibung vorzunehmen — als Akt der Solidarität. Geben Sie die Adressen der zuständigen irischen Gerichtsbarkeit heraus, damit weltweite Bittbriefe für Recht und „Gnade“ an dem Kind verfaßt und weggeschickt werden können. Während in Berlin die internationalen Filmfestspiele stattfinden, wo auch ohne — wie die taz schreibt — fundamentalistische Prägung bigotter religiöser Regimes das Patriarchat waltet, mit nur 44 Filmen von Frauen bei 440 Filmen von Männern („Die Blickpiloten“, 2.92); spricht die patriarchale Gerichtsbarkeit in Irland nach mittelalterlichem Vorbild — heute noch/wieder modern — einem Kind die Menschenrechte ab.

[...] Eine aktive Kampagne muß sofort eingeleitet werden, denn der Fötus — durch die irische Gerichtsbarkeit dazu verdammt zu wachsen — wird für das Mädchen zu einem Alien, der schnell wächst; genau darauf spekulieren die Gerichte — auf Verzögerung.

Dennis O'Rourke schreibt im internationalen Forum über seinen Film „Die gute Frau von Bangkok: „Es ist meine Hoffnung, daß wir — wie bei Brecht — mit einer Sicht unserer Selbst konfrontiert werden, die uns zwingt, darüber nachzudenken, wie sich ,persönlich gelebte‘ Sexualität auf politische und philosophische Überzeugungen auswirkt.“ Vergewaltigung ist ein Politikum und verlangt als solches nach aktiver Solidarität dem Opfer gegenüber. Kerstin Krause,

Filmemacherin, Köln