Schwache Front gegen die Front National

Die traditionellen Parteien in Frankreich stehen den Rechtsradikalen zersplittert und ratlos gegenüber  ■ Aus Paris Bettina Kaps

Paris (taz) — Jede Teilwahl, jede Umfrage bestätigt den Trend: Die Front National (FN) liegt ungebremst im Aufwind. Im Großraum Paris mit zehn Millionen Einwohnern wird die rechtsradikale Partei laut Umfragen bei den in vier Wochen anstehenden Regional- und Kantonalwahlen sogar die sozialistische Partei überflügeln. Doch die Kassandra-Meldungen verstärken nur die Ratlosigkeit der heute noch großen Parteien. Gewiß, die neogaullistische RPR und die bürgerlich- liberale UDF haben sich nach langem Zögern eindeutig gegen lokale Bündnisse mit den Rechtsradikalen ausgesprochen. Ihre Chefs, die noch vor wenigen Monaten mit dem „Gestank“ der Immigranten (Chirac) Politik machten und die „Invasion“ von Einwanderern (Giscard d' Estaing) beklagten, verzichten heute darauf, das ausländerfeindliche Vokabular der FN zu benutzen.

Unter dem Druck der FN versuchen die Parteichefs Chirac (RPR) und Giscard d' Estaing (UDF) erneut, ihre Konkurrenz zu begraben und bei den Wahlen gemeinsame Listen aufzustellen. Die Listen wurden nach dem Muster „einer von der RPR zu einem von der UDF“ gestrickt, wodurch zahlreiche Lokalpolitiker auf einen aussichtsreichen Listenplatz verzichten müssen. Doch längst nicht alle waren zu diesem Opfer bereit, in vielen Regionen gibt es Abweichler, die eigene Listen angemeldet haben. Im südfranzösischen Alpes-Maritimes, wo FN-Chef Le Pen persönlich kandidiert, werden sogar zwei Politikerinnen der RPR gegeneinander antreten.

Die sozialistische Partei (PS) steckt unterdessen den Kopf in den Sand. Mehrere sozialistische Minister ließen sich erst nach langem Drängen durch Parteichef Fabius als Listenführer für die Regionalwahlen aufstellen. In der Region Paca stellt sich die PS gar hinter das Nicht-Parteimitglied Bernard Tapie, der unter dem Namen „Energie Sud“ antritt; den eigenen Leuten traut die PS nicht zu, Le Pen schlagen zu können. Tapie mixte seine Listen aus Sozialisten und seinen persönlichen Spezis zusammen. Nachdem er im südfranzösischen Departement Var den Modemacher Daniel Hechter („Ich verstehe nichts von Politik“) zum Listenführer erklärte, war für die ortsansässigen Sozialisten das Maß voll: Sie meldeten ihre eigene Liste an.

Unterdessen zweifelt in Frankreich niemand mehr daran, daß die Gruppe der Nichtwähler bei den Wahlen die Mehrheit stellen wird. Einer Umfrage zufolge wollen 49 Prozent der Wahlberechtigten zu Hause bleiben.