Kunst — verspannt

■ Gerald Uhlig in der Stiftung Starke

Im tiefsten Grunewald, wo teure Sportwagen vor protzigen Villen parken und gepflegte Jugendliche immer irgendwie auf dem Weg nach Hause zu sein scheinen, hat die Kunststiftung Starke ihren Sitz. Seit ihrer von markigen Sprüchen begleiteten Gründung vor einem Jahr (»Aus Leidenschaft für Berlin und die Kunst«) hat sich — außer dem beachtlichen Einstand mit der Ausstellungsübernahme zeitgenössischer amerikanischer Bildhauerei— dort bislang nicht allzu viel getan.

Die im sogenannten Löwenpalais, einem Ungetüm von Haus mit neobarocker Prunkfassade, untergebrachte Stiftung, deren Ziel laut Satzung darin besteht, jungen, noch unbekannten, aber »qualitätvollen« Künstlern Wohn- und Ausstellungsmöglichkeiten zu bieten, befindet sich erst im Aufbau. Wohnungen stehen noch nicht zur Verfügung. Mit Gerald Uhligs Rauminszenierung, Blaue Zimmer Bloulevard aber ist im Haus an der Königsallee eine Ausstellung zu sehen, die auf den ersten Blick in herbem Kontrast zu ihrem Ambiente steht.

Der Blaue Zimmer Boulevard besteht aus einem bunten Sammelsurium künstlerisch gestalteten Trashs. Gummikrokodile beißen in Müllschippen, Kinderstühle stehen in riesigen, gußeisernen Pfannen oder Farbeimer inmitten Unmengen von Salz. An den Wänden hängen Merksätze, die die Grenze der Banalität erreichen — Comic strips und einfache Bildcollagen, auf die der Künstler (Fotoporträts von Uhlig himself mit suggestivem Blick und Fönfrisur) klebte.

Der 1952 geborene Uhlig hat jeden der insgesamt acht Räume im Erdgeschoß des Palais einem bestimmtem Thema gewidmet. Hintereinander reihen sich das Freß-, das Liebes- und das Herrenzimmer, es gibt ein Hollywoodzimmer und zwei Kunstzimmer, einmal »entspannt« — einmal »verspannt«. Einzelne Objekte oder auch ganze Rauminstallationen umkreisen als materialisierte Bonmots das jeweilige Motto. Dabei zeigt Uhlig einigen Witz und die Fähigkeit, banale Gegenstände in bedeutungsschwangeren Kombinationen zusammenzustellen.

Zwei Kerzenhalter, eine umgeknickte Kerze und ein Plastikbuddha markieren die ausgebrannte Liebe mit Gebet. Im selben Raum steht auch das Mordwerkzeug der Liebe: ein blau bepinseltes Telefon. Spätestens aber bei der Installation mit Niveacreme zum Heilen der fünf Erdteile mit van Gogh-Hut und gelbem Haus in Arles wird klar, daß sich Uhlig bei der Durchführung der Ausstellung überarbeitet zu haben scheint. Denn Uhligs Konzept beschränkte sich nicht auf die Präsentation seiner Basteleien und Ready- Mades. An einigen Abenden wurde die Ausstellung »bespielt«: SchauspielerInnen trugen szenische Darstellungen vor, rezitierten Zitate prominenter Geistesgrößen zur Kunst, murmelten auf russisch vor sich hin oder fächerten einem in die Badewanne verfrachteten Karpfen Luft zu. Absurdes Theater, ein bißchen intellektualistisch, ein bißchen surreal, aber immer dicht an der Oberflächlichkeit entlang.

So wie die vergangenen Sonntag zum letzten Mal gegebenen Aufführungen wirken auch die nunmehr als Relikte verbleibenden Ausstellungsstücke. Nachdem man einige Zeit in den Räumen zugebracht hat, lösen sich der Witz und die vermeintliche Anarchie der Objekte auf und verwandeln sich in gestylte Posen. Die Provokationen offenbaren nur noch Plattheit. Das im Herrenzimmer als Statement an die Wand gepinnte (echte) Bedauern darüber, daß es in Deutschland immer schwerer werde, ein »ungewöhnlicher Mensch zu sein«, mutet angesichts Uhligs Bemühungen in seiner mitschwingenden Weinerlichkeit unfreiwillig komisch an. Aktionismus verkümmert zur Personality-Show. Was bleibt, ist ein wohliger Schauer für das Bildungsbürgertum. So schließt sich doch noch der Kreis um Uhligs Antikunst und das Löwenpalais des Peter Starke, seines Zeichens verstorbener Konsul von Monaco. Ulrich Clewing

Nur noch Do, Fr, Sa von 12 bis 18.30 Uhr geöffnet. Königsallee 30-32, Grunewald.