Lehrer drohen mit Schulfrei in West-Berlin

■ Die GEW wirft dem Senat wegen der geplanten Erhöhung der Pflichtstundenzahl »Tarifbetrug« vor und kündigt für die kommenden Wochen Arbeitsniederlegungen an allen Westberliner Schulen an/ Ostberliner Schulen nur vereinzelt betroffen

Berlin. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat für die kommenden Wochen massive Unterrichtsausfälle an den Berliner Schulen angekündigt. Aus Protest gegen die geplante Arbeitszeitverlängerung um eine Stunde für Lehrerinnen und Lehrer soll am 31. März an allen Westberliner Schulen gestreikt werden, in Ost-Berlin werden nur vereinzelt Schulen von den Protestaktionen betroffen sein. Der GEW-Vorsitzende Erhard Laube rechnete gestern jedoch damit, »daß es auch vor dem allgemeinen Streiktag schon zu vereinzelten Arbeitsniederlegungen in der Stadt kommt«. Auch die Elternvertreter stehen seinen Aussagen zufolge hinter den Forderungen der Gewerkschaft. Für den Streiktag sollen Vereinbarungen getroffen werden, um eine Betreuung der Schüler in besonderen Fällen zu gewährleisten.

Mit den Streiks und einem stadtweiten Aktionstag am 4. März will die Gewerkschaft ihren Forderungen an den Senat Nachdruck verleihen, von der für das kommende Schuljahr geplanten Erhöhung der Pflichtstundenzahl abzurücken. Mit den Warnstreiks im Ostteil der Stadt reagiert die GEW zusätzlich auf die Weigerung der Senatsinnenverwaltung, Tarifverhandlungen zur Regelung der Pflichtstunden und zu einem Rationalisierungsschutz für Ostberliner Lehrkräfte und HorterzieherInnen aufzunehmen.

»Es hat acht Jahre gedauert, bis 1989 auch Lehrerinnen und Lehrer eine Arbeitszeitverkürzung erhielten. Deshalb ist klar, daß es keine Ruhe an den Berliner Schulen geben kann, bis die einzigartige Maßnahme zurückgenommen ist«, meinte Laube. Im vergangenen Jahr hatte die Senatsinnenverwaltung nach Absprache mit der Schulverwaltung die Arbeitszeitverkürzung für LehrerInnen rückgängig gemacht, um im Rahmen des umfangreichen Sparprogrammes 1.500 Lehrerstellen wegfallen zu lassen. Daß nicht die allgemeine Arbeitszeit im öffentlichen Dienst wieder heraufgesetzt worden ist, sondern nur die Zahl der Pflichtstunden der Lehrer, bezeichnete die GEW als »Tarifbetrug«. Zudem sei die damalige Arbeitszeitverkürzung »von allen Beschäftigten durch besonders niedrige Lohnabschlüsse über mehrere Jahre selbst finanziert worden«.

Die Zahl der Unterrichtsstunden für LehrerInnen beträgt derzeit wöchentlich 25,5 Stunden. Die Gewerkschaft verweist jedoch auf verschiedene Studien, die unabhängig voneinander ergeben hätten, daß die Gesamtarbeitszeit von LehrerInnen auch bei Berücksichtigung der Ferien bei mehr als 40 Wochenstunden liege.

Auch Bündnis 90/Grüne halten die geplante Arbeitszeitverlängerung angesichts des Lehrerüberhangs von mehr als 2.000 Personen für »völlig unsinnig und absolut überflüssig«. lada