Die Risiken der „Sicherheitspolitik“

■ Bush und Baker forderten Ende 89 Genehmigung von US-Kreditgarantien für den Irak/ Ausschuß macht der Presse Dokumente zugänglich/ Der Irak sollte als „Gegengewicht zum Iran“ fungieren

Washington (ap) — Keine neun Monate vor der Besetzung von Kuwait haben der amerikanische Präsident George Bush und Außenminister Baker finanzielle Hilfe für den Irak gefordert, obwohl Einwände gegen eine weitere Gewährung von Krediten vorlagen. Dies belegen Dokumente, die am Montag in Washington von dem Abgeordneten Henry Gonzales zugänglich gemacht wurden. Der Abgeordnete ist Vorsitzender des Bankenausschusses im Parlament.

Gonzales enthüllte, daß Bush noch im Herbst 89 darauf gedrängt habe, der Regierung in Bagdad trotz ihrer schlechten Bonität Kreditgarantien zu verschaffen. Bush verteidigte dieses Vorgehen am Dienstag mit dem Hinweis, daß ein „Gegengewicht“ zum Iran (unter Khomeini) geschaffen werden sollte, der nach dem Krieg gegen den Irak als „Gefährdung“ angesehen worden sei.

Diese Politik wurde von den USA bereits seit 1983 verfolgt. Damals strich die Reagan-Regierung den Irak aus der Liste der Staaten, die im Verdacht standen, den Terrorismus zu unterstützen. Gonzales bezeichnete diese Politik als „das tragischste außenpolitische Kapitel der Regierungen Bush und Reagan“.

Bush erklärte zu den Enthüllungen des Abgeordneten vor Journalisten: „Wie Sie sich vielleicht erinnern, gab es zu dieser Zeit eine Menge Unterstützung für den Irak — als Gegengewicht zu einem viel aggressiveren Iran.“ Bush fügte hinzu, er sei stolz gewesen, diese Politik der Reagan-Regierung unterstützt zu haben. Damals war Bush Vizepräsident. Er nahm nicht Stellung dazu, daß auch der Iran in dieser Zeit insgeheim mit Waffen beliefert wurde. Auch vermied er jede Äußerung über die Unterstützung des Iraks während seiner eigenen Amtszeit als Präsident. Aus den von der 'Los Angeles Times‘ veröffentlichten Dokumenten geht nämlich unter anderem hervor, daß Bush am 31. Oktober 1989 eine streng geheime „Anweisung zur nationalen Sicherheit“ unterzeichnete, in der die Anknüpfung engerer Beziehungen zum Irak und die Bereitstellung von Kreditgarantien über eine Milliarde US-Dollar an den Irak angeordnet wurde. Die Kredite sollten vor allem der Förderung des Einkaufs von US-Agrarprodukten durch den Irak dienen, hieß es.

In einer an den Kongreß gerichteten Erklärung bestätigte Baker, daß er den damaligen Landwirtschaftsminister Yeutter in Bushs Auftrag gedrängt habe, die Forderung nach den Kredit-Garantien zu unterstützen. Ende 1989 genehmigte das Landwirtschaftsministerium zunächst 500 Millionen Dollar für landwirtschaftliche Kredite. Dann aber wurden Bedenken gegen weitere Garantien laut, da der Verdacht entstand, daß der Irak die Gelder für Rüstungszwecke verwende. Auch wurde auf die mangelnde Zahlungsfähigkeit der Regierung in Bagdad verwiesen. In dieser Kontroverse intervenierten Bush und Baker jedoch angeblich erneut zugunsten des Iraks.

Der Parlamentsausschuß war der Frage nachgegangen, wie die Filiale einer italienischen Bank in Atlanta dem Irak Millionen Dollar zukommen ließ, die durch amerikanische Kreditgarantien abgesichert waren, und ob diese Mittel zur Aufrüstung des Iraks benutzt wurden. Der Ausschußvorsitzende Gonzalez erklärte: „Es war eine Politik, die in den Krieg und zum Verlust von Menschenleben führte.“ Den Steuerzahlern in den USA seien zwei Milliarden Dollar aufgebürdet worden, die der Irak nach der Invasion Kuwaits August 1990 schuldig geblieben sei.

Der demokratische Senator aus Vermont, Patrick J. Leahy, Vorsitzender des Agrarausschusses im Senat und des Bewilligungsausschusses für Auslandshilfe, rief den Rechnungshof auf, die Umstände zu untersuchen, unter denen es 1989 zur Genehmigung der Kreditgarantien an den Irak kam. Yeutter habe ihm gegenüber in einem Brief vom Februar 1990 bestritten, daß bei dieser Entscheidung des Landwirtschaftsministeriums außenpolitische Erwägungen eine Rolle gespielt hätten. Offenbar habe Yeutter nicht die Wahrheit gesagt.