KOMMENTAR
: Mißtrauen ist angebracht

■ Nun bemühen sich auch der Iran und Frankreich um die Befriedung Berg-Karabachs

Mißtrauen ist angebracht Nun bemühen sich auch der Iran und Frankreich um die Befriedung Berg-Karabachs

Im kaukasischen Hexenkessel sind die Makler und Friedensvermittler zugange. Die Staaten reißen sich geradezu darum, im Konflikt um Berg-Karabach zu vermitteln: die Russen, die Iraner, die Türken — und zu guter Letzt auch die Franzosen. Der iranische Außenminister soll eine dreitägige Feuerpause zwischen Aserbaidschan und Armenien für die vom Krieg zerrüttete Region Berg-Karabach vereinbart haben. Ein zweifelhafter Waffenstillstand. Bereits Mitte des Monats waren der aserbaidschanische und der armenische Außenminister auf Vermittlung der Russen in Moskau zusammengekommen und hatten einen Waffenstillstand vereinbart. Es blieb ein Stück Papier. Nun haben Franzosen ihre Dienste angeboten. Ihr Plan sieht die Einrichtung von „Sicherheitskorridoren“ und eine ständige „Beobachtermission“ der EG im Krisengebiet vor.

Der Konflikt um die kleine Enklave Karabach ist längst internationalisiert. Es ist ein offenes Geheimnis, daß die sogenannte „internationale Staatengemeinschaft“ nicht nur Friedensdienste offeriert, sondern den verfeindeten Parteien auch Waffen liefert. Das iranische Fundamentalistenregime ist von Ängsten geplagt, daß Aserbaidschan Gebietsansprüche an den Iran stellen könnte. Schließlich leben rund zehn Millionen Aserbaidschaner im Nordiran. Die nationalistische Opposition in Aserbaidschan hat die „Wiedervereinigung“ auf ihre Fahnen geschrieben. Die Türkei begreift sich als „großer Bruder“ der türkisch sprechenden Aserbaidschaner. Nun wollen auch noch Franzosen mitspielen.

Die kaukasischen Völker litten stets unter der imperialistischen Machtpolitik. Seit Anfang des 16. Jahrhunderts waren die Armenier ein Spielball im Machtkampf zwischen dem Iran und dem Osmanischen Reich. Die Russen förderten im 19.Jahrhundert den armenischen Nationalismus, um dem türkischen Erzfeind eins auszuwischen. Der osmanische Sultan Abdülhamit ließ 1894 kurdische Freischärler Armenier massakrieren. Mit Unterstützung russischer Truppen wurden während des Ersten Weltkrieges Moslems im Kaukakus von Armeniern massakriert. Mit deutschen Offizieren zog der Jungtürke Enver Pascha in Baku ein, um ein großtürkisches Reich zu errichten. Die Briten besetzten 1918 Baku.

Der jetzige Bürgerkrieg hat tiefe Wurzeln in der Geschichte des Kaukasus. Nur ein Frieden, den die Völker dort wollen, kann ein wahrer Friede sein. Den Russen, Iranern, Türken und Franzosen gegenüber, die sich nun als Friedenstauben präsentieren, ist Mißtrauen angebracht. Sie sollten schleunigst die kaukasischen Völker in Ruhe lassen. Ömer Erzeren