Rostock: Motorenwerk besetzt

■ IG Metall mobilisiert für Vulkan-Lösung und vermittelt neue Hoffnung

Die rund tausend Beschäftigten des Rostocker Dieselmotorenwerkes (DMR) haben am Freitag in den frühen Morgenstunden mit der Besetzung ihres Betriebes begonnen. Mit der Aktion folgten sie dem Protest der mehr als 5.000 Werftarbeiter bei der Rostocker Neptunwerft und der Wismarer Meeres-Technik-Werft (MTW), die ihre Werke seit zwei Tagen aus Protest gegen die Werftenpolitik der Bundesregierung und der Treuhand-Anstalt besetzt halten.

Alle drei Belegschaften fordern zur Erhaltung der Arbeitsplätze im Schiffbau ein Sanierungskonzept, nach dem ihre Betriebe unter Leitung der Bremer Vulkan AG zu einem Werftenverbund unter Landesbeteiligung zusammengeschlossen werden sollen. Die Betriebsräte der drei Unternehmen mit über 6.000 Beschäftigten bezeichneten die disziplinierte und geordnete Besetzung als zunächst „symbolisch“, da die Produktion überall weiterlaufe. Sollte die Landesregierung bis Montag keine eindeutigen Aussagen zur Zukunftssicherung machen, müßte mit einer „Steigerung“ der Aktionen bis hin zu Streiks gerechnet werden.

Mit der mecklenburgischen Gelassenheit bei den Werftarbeitern ist es vorbei, der Geduldsfaden ist gerissen. Monatelang harrten sie aus und warteten auf Lösungangebote für die Neustrukturierung der Werften. Nun ist der Funke übergesprungen. Eine Regierungskrise scheint in Schwerin unausweichlich — zu lange haben sich Ministerpräsident Gomolka und sein FDP- Wirtschaftsminister Lehment um klare Positionen herumgedrückt.

Unverändert war die Haltung der Landesregierung geblieben, die sich gegen einen Werftenverbund in der Region mit der Begründung ausgesprochen hatte, „Konglomerate“ unter einer einzigen Konzernleitung seien ein zu hohes Risiko für die Region. Zugeständnisse wurden in puncto Landesbeteiligung eingeräumt, als „Zwischenlösung“.

Seinen Starauftritt hatte so der eilends aus Bonn herbeigeeilte Bundesverkehrsminister und mecklenburgische CDU-Landeschef, Günther Krause, der von mehr als 3.000 Arbeitern auf der Wismarer Werft beklatscht wurde. Er könnte zum „Retter“ in der Not werden, zumal sein Sanierungskonzept kaum abweicht von dem der IG Metall und der Belegschaften. (s. nebenstehenden Kasten)

Krause ist der Landesregierung in den Rücken gefallen hat den Schweriner Koalitionspartner, FDP-Wirtschaftsminister Lehment, brüskiert. Der wollte keinen marktbeherrschenden Koloß und verteidigt Einzellösungen weiterhin.

Spannend könnte es nun werden, wie der Bonner CDU-Politiker seine Vorstellungen realisieren will und wie tief „die Schrammen für die Landesregierung“ sein werden, die IG-Metaller Scholz prophezeite. Er habe den Eindruck, daß das Thema „in Bonn zur Chefsache erklärt worden ist“, meinte Scholz, weil Krause „im Auftrag des Bundeskanzlers gehandelt“ hat.

Den betroffenen Arbeitern ist das Politikergerangel unterdessen recht gleichgültig. Für sie zählen schnelle Signale in ihrem Interesse. Solange die nicht vorliegen, wollen sie ihre Betriebe weiter besetzt halten und schließen „gesteigerte Aktionen“ bis hin zum Streik nicht aus. Schließlich, so ein Wismarer Schweißer: „Ich habe 38 Jahre auf der Werft gearbeitet, so können die nicht mit uns umgehen“.

Sabine Heimgärtner und Marion Möller