LUXUS DER REICHEN

■ Nord-Süd-Gegensatz auf Nationalpark-Kongreß in Caracas: Schutz von Nationalparks geht an den sozialen und ökonomischen Problemen der armen Länder vorbei

Nord-Süd-Gegensatz auf

Nationalpark-Kongreß in Caracas:

Schutz von Nationalparks geht an den sozialen und ökonomischen Problemen der armen Länder vorbei

VONALEJANDROKIRK

Der traditionelle Gegensatz zwischen Nord und Süd beherrschte die Abschlußdiskussionen der rund 1.800 internationalen Experten auf dem Weltkongreß für Nationalparks und geschützte Gebiete in Caracas. Vertreter der Entwicklungsländer machten Armut, finanzielle Engpässe und den Verfall der Rohstoffpreise für die Zerstörung einiger der reichsten biologischen Reserven der Welt verantwortlich. „Die Menschen sind arm und haben Hunger. Daher können wir nicht über den Schutz von Nationalparks sprechen, ohne gleichzeitig über die Mittel zu reden, die benötigt werden, um die Nahrungsmittelproduktion auf umweltverträgliche Weise zu entwickeln“, erklärte der tansanische Delegierte A.R. Kajuni.

In einem Regionalbericht des afrikanischen Komitees der „Internationalen Union für die Erhaltung der Natur“ (IUCN) — gemeinsam mit dem UN-Umweltprogramm UNEP Veranstalter des Kongresses — heißt es, die Erhaltung von Nationalparks und anderer geschützter Gebiete sei in erster Linie ein sozioökonomisches Problem.

Zwischen 1986 und 1990 stiegen die afrikanischen Agrarexporte um 2,5 Prozent. In der gleichen Zeit gingen aber durch den Verfall der Weltmarktpreise die Exporteinnahmen um rund 54 Milliarden zurück. In Zukunft müsse diesem negativen Trend Einhalt geboten werden, um die Bewahrung der geschützten Gebiete sicherzustellen, warnt der Bericht.

Eine Ausweitung der Agrarproduktion auf Kosten der Umwelt wäre sonst schwer zu vermeiden. Verarmte Bauern in afrikanischen Trockengebieten würden geschützte Gebiete als „Reservate für den Luxus der Reichen“ betrachten, die wenig Verständnis für die Überlebensbedürfnisse der einheimischen Bevölkerung hätten.

Ein weiterer Kritikpunkt war die Nutzung der genetischen Ressourcen. Der Großteil des genetischen Reichtums der Welt befinde sich in den Ländern der Dritten Welt. Die Industrieländer würden den Süden quasi als Hausgarten für ihre Gen- Technik- und Pharma-Konzerne betrachten, kritisierte Ofelia Suarez, Vertreterin einer venezolanischen Frauengruppe.

Experten aus Entwicklungsländern befürchten, daß Unternehmen aus den Industriestaaten auf der Grundlage ihrer genetischen Ressourcen neue Technologien entwickeln könnten, die dann von den Ursprungsländern in Form von Patentrechten wieder teuer „zurückgekauft“ werden müßten.

Der Kongreß-Generalsekretär Jeffrey McNeelly widersprach dem und verwies auf die „weltweite Strategie für Artenvielfalt“, die der Kongreß diese Woche verabschiedete und in der die Nutzung genetischer Ressourcen zum „souveränen Recht der Länder, in denen sie sich befinden“, erklärt würden.

Die „große Verantwortung“, die eigenen Ressourcen zu verwalten und die Beziehungen mit den transnationalen Unternehmen zu regeln, liege damit bei den einzelnen Regierungen, meinte McNeelly.

Die Verabschiedung einer „Erklärung von Caracas“, die als Grundsatzpapier für die im Juni in Rio de Janeiro stattfindende UN- Konferenz für Umwelt und Entwicklung dienen soll, steht noch aus. Die vorliegenden Resolutionsentwürfe waren eher allgemein gehalten.

Zur Finanzierung des Umweltschutzes etwa heißt es, ohne die wirtschaftliche Stärkung einer Reihe von Ländern und die Beseitigung der Armut könne der ökologischen Bedrohung nicht Einhalt geboten werden. Ferner wird gefordert, „die internationale Gemeinschaft müsse neue Lebensstile und Wirtschaftsformen“ entwickeln.

Die Regierungen und internationalen Organisationen werden aufgefordert, die technische und finanzielle Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern zu verstärken, um die geschützten Gebiete und die biologische Vielfalt zu bewahren.

Vorwürfe, wonach sich die Konferenz zu sehr auf technische Fragen konzentriert hätte und die politischen Anliegen der Entwicklungsländer auf geringes Interesse gestoßen seien, wies der Generalsekretär zurück. Ein großer Teil der fast 50 Arbeitskreise sei sozialen und wirtschaftlichen Problemen oder dem Thema der Artenvielfalt gewidmet worden, meinte McNeelly.

Klagen über die Diskriminierung der Entwicklungsländer konterte der Generalsekretär mit der Feststellung, der größte Teil der Veranstaltungskosten von vier Millionen US- Dollar sei für Reisekosten der Delegierten aus der Dritten Welt aufgegangen.