KOMMENTAR: Retter in der höchsten Not?
■ Gegen die Bremer Vulkan-Werft ist Mißtrauen durchaus angebracht
Retter in der höchsten Not? Gegen die Bremer Vulkan-Werft ist Mißtrauen durchaus angebracht
Daß die Arbeiter der ostdeutschen Werften um ihre Arbeitsplätze kämpfen — wer wollte ihnen das verdenken? Außer im Schiffbau gibt es in Mecklenburg-Vorpommern so gut wie keine Industrie-Arbeitsplätze. Betätigt sich also die CDU/FDP-Landesregierung, gegen die sich der Protest in Rostock und Wismar richtet, als gnadenloser Jobkiller, wenn sie den Zuschlag nicht dem Unternehmen geben will, das die meisten Arbeitsplätze zu erhalten verspricht?
Bei der Firma, die sich die ostdeutsche Schiffbauindustrie komplett unter den Nagel reißen will, handelt es sich um die Bremer Vulkan — einen Werftenverbund, gegenüber dem Mißtrauen auf jeden Fall höchst angebracht ist. Unklar ist schon, wem die Vulkan überhaupt gehört, seit sich das Land Bremen von seinen Anteilen bis auf zwei Prozent getrennt hat. Daß die Aktien breit gestreut sind, glaubt nicht einmal Bundeskanzler Helmut Kohl.
Der Schweriner Landtag wiederum läßt untersuchen, wie die Vulkan es kurz nach der Wende schaffen konnte, sofort einen Kooperationsvertrag mit der Rostocker Deutschen Maschinen- und Schiffbau AG (DMS) abzuschließen — als dessen Folge der DMS lukrative Aufträge entgingen. Seit 1987 sind zudem nach seriösen Schätzungen Subventionen von mindestens einer Milliarde Mark auf die Konten des Molochs geflossen. Derartige Erhaltungssubventionen haben in Westdeutschland — ob bei Werften, Stahl oder Bergbau — die Altindustrien nie gerettet, sondern lediglich ihren Niedergang (und damit allzu oft auch den Strukturwandel) gebremst.
Das Bremer Sanierungskonzept für den ostdeutschen Schiffbau soll Arbeitsplätze erhalten, fußt aber ebenfalls auf Investitionshilfen von mindestens einer Milliarde Mark aus dem Werftentopf. Gegenüber kleineren Werften würde der Bremer Schiffbauriese zudem weiter gestärkt. Die Furcht der Schweriner Landesregierung, es künftig nur noch mit einem einzigen subventionshungrigen Arbeitgeber in der Region zu tun zu haben, ist absolut berechtigt.
Genauso berechtigt ist allerdings jedes Mißtrauen gegen die Bonner Bundesregierung, die sich plötzlich so vehement gegen den Vulkan-Zuschlag ins Zeug legt. Zu ihr hat nämlich ein Mann besonders guten Zugang: Bernhard Meyer aus dem emsländischen Papenburg, dessen Werft im Wahlkreis des CDU-Bundesinnenministers Rudolf Seiters liegt. Er will auf Rügen bauen und scheut naturgemäß eine starke Konkurrenz direkt nebenan. Donata Riedel
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