Wo bleiben in Marzahn die Jugendlichen?

■ Die Zukunft der Jugendclubs in Marzahn ist nicht gesichert

Marzahn. Gerade mal zwei Gaststätten haben derzeit in Marzahn geöffnet — und das bei 150.000 Einwohnern. Gefahr droht nun auch noch den wenigen Orten, wo sich Jugendliche treffen können. Denn die zwischen den Wohnblöcken gesetzten sogenannten Dienstleistungswürfel mit Geschäften und Jugendclubs will die Treuhand verkaufen. Neun der derzeitig zwölf Jugendclubs sind von dem Verkauf betroffen. Die Treuhand sicherte den Stadtplanern zwar zu, in den Vertrag aufzunehmen, daß ein Teil der Fläche weiterhin an die Jugendclubs vermietet werden müsse. Die Kaufverträge jedoch darf Cornelia Ramin, die stellvertretende Leiterin des Stadtplanungsamtes von Marzahn, nicht einsehen. Zudem bedeutet für sie die Mietvariante keine Sicherung des Jugendclubs, »irgendwann werden die dann rausgemietet durch Mieterhöhungen«. Die Clubs sind das einzige kulturelle Angebot für Jugendliche in Marzahn, »in diesen Zentren spielt sich das Leben ab, und wenn da was schiefgeht, brechen soziale Strukturen zusammen«.

In Marzahn leben mehr Jugendliche als in anderen Bezirken, etwa 50.000 sind zwischen 12 und 25 Jahre alt, das Durchschnittsalter der Marzahner liegt bei 31 Jahren. Zwölf Jugendclubs seien viel zuwenig, sagt Helmut Hermes, der Verantwortliche für Jugendförderung beim Marzahner Jugendamt. »Die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen wurden beim Bau von Marzahn vernachlässigt.« Um auf Westberliner Standard zu kommen, fehlen bereits jetzt fünf Jugendclubs. Helmut Hermes befürchtet bei der Mietklausel der Treuhand, daß die Jugendlichen vertrieben werden: »Wenn ein Jugendclub in einem Neubau neben dem Kommerz ist, dann wird der keine Jugendlichen auf der Treppe akzeptieren, genausowenig wie Graffiti an den Wänden.« Dann ließe man nur noch die »Braven« rein, und die Problemgruppen würden verdrängt.

Genauso wie Cornelia Ramin favorisiert Helmut Hermes eine andere Lösung. Die Investoren sollen einen kleinen Teil der rund 10.000 Quadratmeter großen Grundstücke der Kommune überlassen und sich verpflichten, einen Jugendclub als einmalige Entschädigung zu bauen. An ihren angestammten Plätzen sollen die Clubs in jedem Fall bleiben, findet Cornelia Ramin, denn Ausweichgrundstücke gebe es kaum.

Noch ist es nicht zu spät, die Treuhand verhandelt derzeit mit Investoren. Notwendig wäre aber auch, mit dem Bezirk zu sprechen. Dafür müßte sich Finanzsenator Pieroth aber um die Verträge kümmern und nicht einfach der Treuhand eine Blankovollmacht ausstellen. Daran aber zweifelt Frau Ramin: »Der Pieroth kommt doch nicht mal nach Marzahn raus.« Corinna Emundts