Köchelndes Familienunternehmen

■ In der Abstiegsrunde erhielten sich die Basketballerinnen der Humboldt-Uni mit einem 86:83-Sieg über ihre alten Rivalinnen aus Halle die Bundesliga

Berlin. Wie es halt so ist in Berlin: Wenn irgend etwas sportlich Erstklassiges stattfindet, dann vor garantierter Minuskulisse. So erging es natürlich auch den Basketballdamen der Berliner Humboldt-Uni, die ihr letztes Saisonheimspiel gegen HPW Halle vor rund 78 ZuschauerInnen absolvieren mußten. Dabei war das erste Bundesligajahr des achtfachen DDR-Meisters durchaus gut verlaufen, denn der Klassenerhalt wurde geschafft. Manager Werner Krüger, ehemaliger Trainer der Männernationalmannschaft der DDR, wertet diese Spielzeit denn auch als „großen Erfolg“, befürchtet allerdings: „Das zweite Jahr wird noch schwerer!“

Ein Blick aufs Spielfeld genügte, um zu erkennen, warum — denn Werbung gab's allein auf den Schiedsrichtertrikots. In der abgelaufenen Saison gab es nur 100.000 Mark von der Spielbank, mit denen man zwar „gut hingekommen“ ist, sowie Fahrkostenzuschuß vom Senat und Unterstützung durch den Bezirk, aber das alles ist auf Dauer zu wenig, will man auf lange Sicht planen. Dann sind Spielerinneneinkäufe notwendig, das vorhandene nichtprofessionelle Team muß finanziell abgesichert werden. Aber vor der Wende war die Basketballsituation in der DDR auch nicht rosig, wurde der Korbsport vom DSB nicht als förderungswürdig anerkannt und, wie Krüger sagt, „nur durch persönliches Engagement am Köcheln gehalten“; er ist daher „ein gewachsenes Familienunternehmen“.

In dem nunmehr aus Berliner Sicht bedeutungslosen Spiel gegen die abstiegsgefährdeten Hallenserinnen war die Humboldt-Uni in der ersten Halbzeit stark überlegen, spielte diszipliniert und konterte aus einer sicheren Verteidigung heraus. Bei Freiwürfen ließ man sich auch durch eine kindliche Nervensäge aus Halle, mit Ratsche und durchdringender Stimme bewaffnet, nicht stören, zu drückend war die Überlegenheit.

Die Rivalität zwischen beiden Vereinen ist in langen Jahren gewachsen und wird auch heute noch selbst außerhalb des Spielfeldes gepflegt. So drehten die HPWlerinnen in der zweiten Halbzeit auf, verunsicherten die Berlinerinnen und konnten so mit eigentlich immer denselben Spielzügen zum Erfolg kommen. Neun Minuten vor Schluß gingen sie durch Punkte der überragenden Viktoria Iwaschina gar in Führung, ein Umstand, der den Humboldt-Uni-Trainer Dietrich Laabs (ehemals Chefcoach der DDR-Basketballdamen) derartig aufregte, daß er den Schiedsrichter anschrie: „Ja, bist du denn...?“, aber durch rechtzeitiges Eingreifen seiner Frau und Co-Trainerin an der Vollendung des Satzes gerade noch gehindert werden konnte. Und schon kurz danach war es an seinem Kollegen aus Halle, in blanke Wut auszubrechen — seine Damen versiebten gleich drei Freiwürfe hintereinander, die Berlinerinnen holten auf und gewannen am Ende mit 86:83. Konsequenz für die HPW: das nächste Spiel gegen Frankfurt muß mit einer Tordifferenz von 28 gewonnen werden.

Die Berliner Co-Trainerin Inge Laabs äußerte sich nach dem Spiel zwar zufrieden, sieht aber in der Zukunft Probleme auf das Team zukommen. Die Lettin Ludmila Jermolajewa wird mit dem Sport aufhören, neue Spielerinnen müssen erst noch gefunden werden, der Kontakt nach Westdeutschland ist allerdings gering. Man hofft nun, in den ehemaligen sozialistischen Ländern Ersatz zu finden. Aber die schlechten Trainingsmöglichkeiten werden wohl das Hauptproblem bleiben: dreimal wöchentlich zwei Stunden sind es gerade, wobei die tagsüber berufstätigen oder studierenden Damen „oft nur körperlich anwesend“ sind. Inge Laabs hofft daher langfristig auch auf eine Gesamtberliner Basketball-Lösung und die Zusammenarbeit mit dem Zweitligisten TuS Lichterfelde, um auch den Nachwuchs in der Stadt halten zu können. Aber das klappt ja in anderen Sportarten auch nicht. Elke Wittich