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: Bitterer Sieg

■ Ein Thriller über Sport, Doping, Kommerz

Haben Katrin Krabbe, Grit Breuer und Silke Möller gedopt? Haben sie manipuliert? Oder wurden Katrin Krabbe und ihre Kolleginnen reingelegt? Die drei Athletinnen wurden für vier Jahre gesperrt.

Haben Sven Lucas, Helge Holthaus und Urs Wagenschneider gedopt? Wer hat ihre Urinproben manipuliert? Wer versucht, Sven Lucas hereinzulegen? Wird Sven Lucas gesperrt? Wer trieb Helge Holthaus in den Tod?

Realität und Fiktion. Der Fall Krabbe und das Buch Bitterer Sieg des zweimaligen Deutschen Meisters im Hammerwerfen (1972, 1974) und Olympia-Teilnehmers (1972, 1976) Edwin Klein — der sportliche Thriller zur rechten Zeit.

Bitterer Sieg ist kein Buch über Doping, sondern ein Buch über die Welt des Sports. Kein nach-olympisches Sachbuch, kein theoretisches Werk, sondern ein engagierter und spannender Thriller. Nicht nur ein Buch über Siege, sondern auch ein Buch der Niederlagen, ein Buch der Kameradschaft, aber auch der Intrigen. Edwin Kleins Protagonist, der Speerwerfer Sven Lucas, fragt: Leben wir nicht in einer gedopten Gesellschaft, in der schon Schüler Aufputschmittel vor den Klausuren nehmen, Politiker tablettenabhängig sind und Künstler, die Drogen nehmen, gefeiert werden, während man Sportler wie Drogenabhängige diskriminiert?

Und wohin führt es, wenn es im Sport vor allem um Geld und Macht geht, und nicht mehr um Fairneß und Sieg? Wieviel Macht wollen die Funktionäre den Sponsoren und Promotern einräumen? Und wer ist wichtiger, der Sportler oder der Finanzier? Sind Siege in den Disziplinen, in denen man in Metern, Sekunden und Kilogramm mißt, überhaupt ohne Doping möglich? Edwin Klein zeigt die Fehlentwicklungen in der Welt des Sports auf.

Bitterer Sieg ist sein sechstes und bisher bestes Buch. Sechs Bücher, die in nur zwei Jahren verlegt, aber während der letzten fünf Jahre geschrieben worden sind. Edwin Klein, der Ex-Einzelkämpfer in der Arena, hat es mit Verschwörungstheorien, mit Einzelkämpfern, die, wenn sie die Welt auch nicht verändern, so doch wenigstens das Schlimmste in ihrer Umgebung verhindern.

Die nächsten Bücher werden zeigen, ob Edwin Klein inzwischen flüssiger zu erzählen gelernt hat, oder ob dieses Buch vor allem davon profitiert, daß sein Autor ganz genau wußte, worüber er schreibt. Daß er sozusagen nicht aus dem Kopf, sondern aus den Muskeln herausgeschrieben hat. Denn hatte Klein bisher über Geiselnahme und Terrorismus (Deckname: Bilog), Biochemie und Geheimdienste (Vannic), Nazizeit und Geheimdienste (Schlafender Bär), Politik und Terrorismus (Der Schattenläufer) und noch einmal über die Welt der Geheimdienste (Familienzauber) geschrieben, so hat er für sein sechstes Buch nicht nur gut recherchiert, sondern gelebt: als Hochleistungssportler.

Stanley Kubrick hat über Stephen Kings The Shining sinngemäß gesagt: literarisch zu vernachlässigen, psychologisch eines der klügsten Bücher, das ich je gelesen habe. In diesem Sinne kann man von Bitterer Sieg und Edwin Kleins bisherigen Büchern sagen: sprachlich uninteressant, aber trotzdem ausgesprochen spannend. Und das ist es, was zählt in einem Thriller. Sprachlich uninteressant, weil Edwin Klein eine sogenannte Redewendungensprache schreibt, eine Sprache wie die der Tagesschau. Sätze, bei deren Anfang man schon weiß, wie sie enden werden. Spannend erzählt, weil seine Bücher immer wieder überraschende Wendungen nehmen und ihr Ausgang nicht vor den letzten fünfzig Seiten abzusehen ist. Nur selten wird daher der Lesefluß gestört, beispielsweise dann, wenn Klein uns einmal mehr an unpassender Stelle vorführt, wie gut er die Welt und ihre Metropolen kennt.

Es spricht für Bitterer Sieg, daß es auch für den mäßig Sportinteressierten spannend zu lesen ist. Und es spricht für Edwin Klein und seinen Verleger, daß sie sich nicht nur an Sportler und Sportkundige wenden, sondern dieses wichtige Buch durch eingeschobene theoretische Erklärungen auch für Laien lesbar machen. markus KLEIN

Edwin Klein: Bitterer Sieg, Rasch und Röhring, 582 Seiten, DM 39,80