Unterm Strich

Es gilt inzwischen nicht mehr als sicher, daß die En-bloc-Übernahme der Akademie der Künste zu Berlin(Ost) vom Berliner Senat per Gesetzesänderung nachträglich ermöglicht wird. Als Alternative ist jetzt die Bildung einer Kunstakademie Berlin und Brandenburg im Gespräch, wobei nicht klar ist, inwiefern die Akademie der Künste am Hanseatenweg (West) in die weitere Fusion mit eingeschlossen wäre. Faktisch aber hat die westliche Akademie durch eine Reihe von Austritten bereits erheblichen Schaden genommen. Ausgetreten sind — allein aus der Sektion „Bildende Kunst“ — die prominenten Maler Horst Antes, Georg Baselitz, Gotthard Graubner, Markus Lüpertz und Gerhard Richter (wie von der taz vorab gemeldet); ferner: Franz Bernhard, Erich Hauser, Erwin Heerich, Bernhard Heiliger, H.E. Kalinowski, Fritz Koenig, Heinz Mack, Ansger Niehoff, Bernard Schultze und Heinz Trökes. Aus den anderen Abteilungen haben György Ligeti, Hans-Jürgen von Bose, Günter Kunert, Reiner Kunze, Peter Demetz und Erich Schellow die Akademie verlassen. Für den 6.März hat Walter Jens zu einem weiteren Gespräch eingeladen. Am selben Tag empfängt der Präsident der Akademie (am Hanseantenweg) die Presse, um über die Archiv-Erwerbungen Bericht zu erstatten. Der in London lebende Komponist Berthold Goldschmidt, dessen Archiv auch zur Akademie kommt, wird auch da sein.

Der alternative Büchnerpreis geht in diesem Jahr an den Zukunftsforscher Robert Jungk. Sein Engagement in der Friedens- und Anti-Atom-Bewegung stelle ein Beispiel für Zivilcourage und Bürgermut dar, sagte der Stifter der Auszeichnung, der Darmstädter Unternehmer Walter Steinmetz, zur Begründung. Der 78jährige Wissenschaftler und Autor, der heute in Salzburg lebt, sei ein „Unruhestifter im Geiste Büchners“.

Der alternative Büchnerpreis verstehe sich nicht als Konkurrenz zu dem Büchnerpreis, den die Akademie für Sprache und Dichtung als bedeutendste deutsche Literaturauszeichnung jährlich in Darmstadt verleiht, hieß es. In Jungk werde aber bewußt ein Mann geehrt, der anders als Büchnerpreisträger Wolf Biermann den Golfkrieg kritisiert habe. Der mit 10 000 Mark dotierte Preis wird am 13. Juni verliehen, dem Tag, an dem im Jahre 1835 der Steckbrief gegen Georg Büchner (1813-1837) erlassen wurde. Büchner wurde wegen seiner Schrift „Der Hessische Landbote“ als Aufrührer verfolgt.

Die für die künstlerische Leitung des Berliner Ensembles angestrebte „Fünfer“-Lösung ist von allen Fraktionen des Berliner Parlaments gebilligt worden. Allerdings muß der Kultursenator noch Fragen nach dem zu erwartenden Finanz- und Investitionsbedarf des Theaters beantworten. Das von Kultursenator Ulrich Roloff-Momin forcierte Projekt, die traditionreiche Brecht-Bühne vom Staatsbetrieb in eine private GmbH mit staatlichen Zuschüssen umzuwandeln, war im Unterausschuß Theater des Hauptausschusses im Berliner Abgeordnetenhausdiskutiert worden.

Wie gemeldet, sollen dem künftigen Fünfer-Leitungs-Team sollen Peter Palitzsch, Matthias Langhoff, Peter Zadek, Heiner Müller und Fritz Marquardt angehören. Die Nachfragen der Abgeordneten galten besonders den „finanziellen Risiken“ einer GmbH und den möglichen Kosten, die dem Land Berlin für den Unterhaltsbedarf und aus dringend notwendigen Investitionen erwachsen könnten. Roloff-Momin wurde aufgefordert, eine Kosteneinschätzung vorzulegen, die dann im Senat beraten und schließlich vom Hauptausschuß dem Parlament zur Zustimmung vorgelegt werden soll.

Im Unterausschuß Theater herrschte nach Angaben des Sprechers des Kultursenats, Rainer Klemke, nach „sehr heißer Debatte“ die einhellige Auffassung vor, daß das Fünfer-Pack ein interessantes Modell sei, das man wagen sollte. Der jetzige Etat der Bühne von 14,6 Millionen Mark (bei zur Zeit 60prozentigen Gagentarifen) reiche gewiß nicht aus. Der Etat der Münchner Kammerspiele beträgt 32 DM.