Wandelnde Klos im Sambaschritt

■ Zum siebten Mal „Karne-Walle“: 200 phantasievolle Jecken allein auf weiter Flur

Vorsichtig, gaanz vorsichtig schob sich die eine oder andere Gardine zur Seite: Huh, wandelnde Klos und Samba-Getrommel (meistgehörtes Geräusch in diesen Bremer Tagen), tanzende Menschen und Blasmusik mitten auf der Straße? Unter den erschreckten Blicken der Waller Passanten zogen am gestrigen Rosenmontag etwa 200 Karne-Wallisten mit Samba, Blasmusik und phantastischer, wallender Kostümierung durch ihren Stadtteil.

Kamelle, Konfetti, und Bötzche - all das flog beim Karne- Walle nicht: Stattdessen brachten die Jecken kistenweise Hühnerfedern unters Volk. Doch auch wenn im Bremer Karneval vieles anders ist, auch wenn die Kids keine umgedrehten Regenschirme zum massenhaften Bonbon-Ergattern benötigen, auch wenn Polizisten die Beraubung ihrer Kopfbedeckung nicht fürchten müssen (was in Köln beliebter Volkssport ist): Die Phantasie der „Blaumeier“, der Masken- und Sambagruppe vom Martinshof oder des Brodelpotts machte vieles wett.

Da holte der kleine Punk Papis Schlägermütze von der Hutablage und wandelte einträchtig im Sambaschritt mit einer bunten Blumenvase (wo war da wohl der Mensch drin versteckt?). Man führt ja auch ganz gern mal seinen Staubsauger zum Spaziergang aus — und, wie sprach Klempner Böse so wahr, sollte man bei einem Umzug sowieso diverse Dinge dabei haben: ein Klo zum Beispiel. Duschen, das haben die Närrischen gestern gezeigt, läßt sich notfalls in einer Telefonzelle.

Was gehört sonst noch zu einem Umzug dazu? Klar, Koffer und Teppichklopfer inclusive Teppich, ein gedeckter Kaffeetisch, ein Plüschsessel. Und ein 20 Meter langer Zollstock.

Sonst gab's jede Menge Musik, ganz ohne Humba-humba-tätärää: Samba von Confusao, na klar, und Bläser, und, wenn auch manchmal nur als Background, „Willi Kapilli“. Ab und zu mußte sie mit ihrem Trecker halt auf der Straße fahren und durfte ein bißchen den Verkehr blockieren (hat da jemand gehupt?), während die anderen auf dem Bürgersteig bleiben mußten.

Nach einer guten Stunde Umzug wurde im Ernst-Waldau-Theater weitergefeiert: Es hat ja was Nettes, wenn alle Karnevalisten nachher in einen Saal passen. Und der junge Mann, der es wirklich geschafft hat, die ganze Zeit nebenher zu tanzen, verriet auch noch sein Geheimrezept: „Ich habe die letzen Tage in Köln geübt...“

Der spektakuläre karnevalistische Umzug unter dem Banner des Blaumeier-Ateliers tobt seit sieben Jahren durch Waller Straßen. Haben sich die Waller daran gewöhnt? „Ganz prima“ fände sie den Umzug, meinte eine ältere schaulustige Dame. Aber mitmachen? Nein, das dann doch lieber nicht.

skai/sim