Protest gegen willkürliche Behandlung

■ Mitarbeiter der Polikliniken fühlen sich falsch eingruppiert/ Empörung über Ausführungsbestimmungen

Mitte. Etwa 200 Mitarbeiter des ambulanten Gesundheitswesens Ost- Berlins haben gestern vor dem Roten Rathaus gegen willkürliche und ungerechte Behandlung bei Kündigungen und Eingruppierungen demonstriert. In einer Protestrede äußerten sie ihren Unmut über die Ausführungsbestimmungen des Senats zu einer Vereinbarung zwischen Gesundheitssenator Luther (CDU) und der ÖTV, in der rund 3.000 Beschäftigten ehemaliger ambulanter Einrichtungen eine Überbrückungshilfe bis zu 9.000 Mark zugesichert worden war. Mit der Annahme des Geldes verzichten die Mitarbeiter gleichzeitig auf Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber.

Die nun vom Senat vorgelegten Ausführungsbestimmungen schlössen zahlreiche Mitarbeiter aus, so die Demonstranten. Invalidenrentner sind ebenso ausgenommen wie Mitarbeiter, denen ein anderer »zumutbarer« Posten im öffentlichen Dienst angeboten wurde. Die Eingruppierungen im ambulanten Gesundheitswesen würden bewußt verzögert, warfen die Mitarbeiter dem Beauftragten der Gesundheitsverwaltung für Polikliniken, Dieter Lullies, bei dem anschließenden Gespräch vor. In vielen Fällen seien sie durch Kündigung hinfällig und führten zur Verminderung des Arbeitslosengeldes.

Lullies, der sich in den vergangenen Wochen insbesondere auch bei seinen Auftritten in den 13 verbleibenden Polikliniken in staatlicher Regie unbeliebt gemacht hatte (die taz berichtete), verwies auf die Zuständigkeit der Bezirke. Diese würden augenscheinlich die Mitarbeiter des ambulanten Gesundheitswesens nur unzureichend informieren und Senatsbeschlüsse nicht ordnungsgemäß durchsetzen. Wo nachweisbar eine inkorrekte Eingruppierung stattgefunden habe, sicherte er eine nochmalige Überprüfung zu.

Während der Diskussion wurden die Kommunikationsmängel zwischen der Verwaltung und den Mitarbeitern ebenso deutlich wie die Verbitterung vieler. »Nach 30 Dienstjahren werde ich als Arzthelferin heruntergestuft«, erregte sich eine Krankenschwester, »und das für die letzten drei Monate vor der Kündigung.« Viele langjährige Fachkräfte würden nach BAT-Neueinstufungen wie nicht ausgebildete Hilfskräfte bezahlt, berichtete auch Ulrike Henning vom Hauptpersonalrat. Auch die ÖTV fordert nun eine Nachbesserung der Ausführungsbestimmungen. jgo