Die Paralympics sind kein Anhängsel

■ Drei Wochen nach den Olympischen Sommerspielen veranstaltet Barcelona die Behindertenolympiade

Barcelona (taz) — Das Sportjahr 1992 hält den Fan in Atem: Kaum ist Albertville überstanden, lockt schon die Fußball-Europameisterschaft, von der man sich kaum erholen kann, bis am 25.Juli die Olympischen Sommerspiele in Barcelona beginnen. Doch auch danach wird nicht verschnauft. Drei Wochen nach Ende der Sommerspiele starten die 9. Paralympics, die Olympiade der Behindertensportler.

Erstmals, so hat das Organisationskomitee in Barcelona (COOB) beschlossen, sollen die Behindertenspiele kein Alibi-Anhängsel mehr sein. So ist die Durchführung — anders als bisher — nicht ausgelagert, sondern Bestandteil der Arbeit des COOB. Paralympics-Chef Joan Coll: „Wir organisieren eine Olympiade. Der einzige Unterschied ist, daß die Sportler mit einem Handicap antreten. Aber der Sport steht im Mittelpunkt.“

Seit den ersten Paralympics in Rom 1960 kam es immer wieder zu organisatorischen Mängeln oder fehlendem Interesse bei den Veranstaltern. Erst dreimal erklärten sich diejenigen Städte zur Durchführung bereit, die die eigentlichen Spiele ausgetragen haben — Rom 1960, Tokio 1964 und Seoul 1988. In Barcelona wurde von Anfang an zweigleisig geplant. Alle Wettkampfstätten und Einrichtungen vom Stadion auf dem Olympiaberg Montjuic bis hin zum Olympischen Dorf, die für beide Spiele genutzt werden, wurden für Zuschauer und Athleten behindertengerecht gebaut. Auch das Logo und das Maskottchen „Petra“, ein stilisiertes Mädchen ohne Arme, sind im gleichen Stil von demselben Künstler, Javier Mariscall, entworfen wie „Cobi“, das Maskottchen der Sommerolympiade. Im Olympia- Etat von rund zwölf Millionen Mark steckt ein großer Teil für die Paralympics. Denn der Eintritt ist bei allen Veranstaltungen mit Ausnahme der Eröffnungs- und Schlußfeier frei. Coll: „Wir wollen keine Spiele unter Ausschluß der Öffentlichkeit.“

Medaillen werden in 15 Sportarten vergeben, von der Leichtathletik über Basketball, Judo, Bogenschießen bis hin zum Fechten werden Olympiasieger gekürt. Über 3.000 Sportler und 1.000 Betreuer aus 92 Ländern haben gemeldet. 35 Fernsehstationen übertragen, rund 800 Journalisten sind akkreditiert. 70 behindertengerechte Fahrzeuge, die später den Städten Spaniens zur Weiternutzung übergeben werden, stehen bereit — Weltrekord. Im historischen Jahr 1992 für Spanien mit Madrid als Kulturhauptstadt Europas, Sevilla mit der Weltausstellung Expo 92, dem 500jährigen Jubiläum der Entdeckung Amerikas durch Columbus bleibt nichts dem Zufall überlassen. Dietrich Janicki