Menschenversuche

■ Kolumbianisches Universitätslabor experimentierte mit toten Indios/ 80 Dollar für eine „gute Leiche“

Bogotá (afp) — Das Schicksal von zehn in der Freien Universität von Baranquilla brutal ermordeten Indios hat in Kolumbien die Öffentlichkeit aufgeschreckt und das Elend der am Rande der Gesellschaft lebenden Indianer erneut deutlich gemacht. Nach ersten Ermittlungen scheint festzustehen, daß sieben Männer und drei Frauen für medizinische Studien regelrecht „hingerichtet“ wurden und daß das Universitätspersonal einen regen Handel mit Menschenleichen und -organen betrieb. Möglicherweise sind noch mehr Indianer in der Universität ermordet worden, da es zahlreiche Fälle von spurlos verschwundenen Indianern in der Zwei-Millionen-Stadt gibt. Aus inoffiziellen Kreisen verlautete, für „gute Leichen“ würden bis zu 80 Dollar gezahlt.

Die zehn Opfer wurden in der Nacht zum Sonntag erschossen oder mit Würgeisen ermordet. Der 28jährige Oscar Rafael Hernandez, der mit Glück überlebte und fliehen konnte, schilderte die unglaubliche Brutalität der Täter. Er sei hinter seinem Ohr getroffen worden und habe sich tot gestellt. Er sei dann an seinen Füßen gepackt und in die Leichenhalle der Universität geschleift worden. Auf einem Tisch sei er in Formalin getaucht worden. Dank einer Unaufmerksamkeit des Wachpersonals habe er dann fliehen können. In dem Raum habe es zahlreiche Gefäße mit bereits preparierten Leberstücken, Gedärmen und anderen Eingeweiden gegeben. Da die Messer bereitgelegen hätten, nehme er an, daß seine vermeintliche Leiche auch gefleddert werden sollte.

Nach Angaben der Polizei wurden zwei Tote entdeckt, deren Schädel aufgebrochen und deren Gehirne herausgerissen worden waren. Allen Toten seien die Fingerkuppen abgeschnitten worden, um eine Identifizierung zu verhindern. Fünf Personen wurden festgenommen, darunter drei Angestellte der Universität. Die Täter hätten die Indios auf das Universitätsgelände gelockt, indem sie ihnen Altpapier zum Verkauf angeboten hätten. Etwa 200.000 Menschen, sogenannte „Cartoneros“, leben in Kolumbien vom Altpapiersammeln. Die „Cartoneros“ sind regelmäßig Angriffsziele von rechtsextremen Todesschwadronen. So wurden in der 330 Kilometer von Bogotá gelegenen Stadt Pereira nach offiziellen Angaben alleine 1991 mindestens 60 Indianer von den Todesschwadronen ermordet.