Gabelpiekser als Racheopfer?

■ Wer hat gestochen? Wen? Warum nicht? / Merkwürdiges aus dem Amtsgericht

Die 17jährige Silvia S. wurde von dem 23 Jahre alten Sven S., einem Bekannten, mit einer Gabel in die Brust gestochen und dabei erheblich verletzt. So behauptete zumindest die Anklage vor dem Amtsgericht am Dienstagmorgen. Im Verlauf der Verhandlung kommen jedoch plötzlich ganz andere Dinge zutage: Der Vater des vermeintlichen Opfers scheint seine Tochter zu der Anzeige genötigt zu haben. Der Angeklagte Sven S. ist nämlich der neue Freund seiner Frau.

„Ich mußte diese Anzeige machen“, gestand auf einmal Silvia S., die Klägerin. „Mein Vater hätte mich sonst rausgeworfen!“ Mit dem Sven habe sie damals, im August letzten Jahres, nur rumgealbert, er habe sie aus Spaß mit einer Gabel in den Arm gepiekst, aber nicht verletzt. Der Anzeige liegt ein Attest über eine Verletzung an der linken Brustwarze bei. Wie es denn dazu gekommen sei, will Richter Kopmann wissen. „Das war eine Freundin von mir. Am Bahnhof. Wir haben uns gestritten, und sie hat mich dann mit einer Nadel in die Brust gestochen.“

Das Mädchen hat also eine Falschaussage gemacht, als sie im September mit ihrem Vater auf die Polizei gegangen ist. Janina B., ihre Freundin, hatte damals den Vorfall ebenfalls schriftlich bestätigt. Sie hätte eigentlich als Zeugin erscheinen sollen, fehlte aber unentschuldigt.

Die Mutter der Klägerin, Angelika S., 35, arbeitete in dem Imbiß, in dem alles geschehen sein soll. Sie konnte sich aber auch nicht daran erinnern, daß ihre Tochter verletzt worden wäre. Auch sie hielt das Ganze für eine Intrige ihres Mannes, der sie im übrigen wenige Wochen nach den rätselhaften Geschehnissen rausgeworfen hatte.

Das Verfahren wurde ausgesetzt, ein neuer Termin steht noch nicht fest. Fest steht nur, daß zur nächsten Verhandlung auch Herbert S. erscheinen muß.

Sollten sich die Angaben von Mutter und Tochter und Sven S., dem Freund der Mutter, bestätigen, muß Herbert S. damit rechnen, selbst ein Verfahren an den Hals zu kriegen. se