Sparschwein Sozialhilfe

■ Paritätischer Wohlfahrtsverband: Regelsatzerhöhung wieder vom Tisch

Auf ihrer letzten Sitzung Ende Februar war die Sozialdeputation noch optimistisch, daß es zum 1. Juli die fällige Regelsatzerhöhung der Sozialhilfe geben wird. Am 12. März sollten die Ministerpräsidenten der Länder der Erhöhung zustimmen. Jetzt, so erfuhr der Paritätische Wohlfahrtsverband aus „zuverlässiger Quelle“, fehle ausgerechnet dieser Punkt auf der Tagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz. Womit eine Entscheidung mindestens in den Herbst verschoben würde.

„Die Regelsatzerhöhung muß umgehend auf die Tagesordnung zurück“, forderte der Paritätische gestern gleich nach Bekanntwerden des geplatzten Termins in Bremen und informierte die anderen Landeswohlfahrtsverbände. Sie wollen jetzt gemeinsam auf die Sozialminister einwirken, ihrerseits bei den Ministerpräsidenten aktiv zu werden. In Bremens Sozialbehörde war gestern allerdings noch keine Stellungnahme zu bekommen, wie die Sozialsenatorin auf die veränderte Situation reagieren will.

Für die SozialhilfeempfängerInnen bedeutet die Verschleppung eine weitere Einkommensverschlechterung: Mit Einführung des sogenannten „Statistikmodells“, das 1989 den Warenkorb als Berechnungsgrundlage für Sozialhilfe ablöste, sollte eigentlich eine Erhöhung des Einkommens einhergehen. Allein um die Preissteigerungen bis zur Umstellung auszugleichen, hätten dies 4,6 Prozent mehr sein müssen — was bundesweit 600 Millionen Mark Mehrkosten bedeutet hätte, 30 Mark pro Regelsatz. Die Erhöhung sollte deshalb in drei Stufen erfolgen, jeweils zum 1. Juli, die letzte Stufe zum 1.7.1992. Damit würde die Sozialhilfe um weitere 10 Mark auf 484 Mark steigen.

Die Finanzminister forderten jedoch „Sparvorschläge“ und „Kostenneutralität“ für die von Sozial- und Arbeitsministern verabschiedete Strukturverbesserung. Eine interministerielle Arbeitsgruppe suchte nach Lösungsmöglichkeiten. Deren Ergebnisse liegen jetzt vor. Einer Entscheidung zur Umsetzung der letzten Erhöhung des Stufenplans stünde also nichts mehr im Wege. Die weitere Verschleppung ist dagegen ein weiteres Indiz, das sich der rigiden Sparkurs der Finanzminister durchzusetzt.

Dies ist für die Betroffenen besonders schmerzlich: schließlich wurden sie nicht nur von den Anpassungen an die allgemeinen Preissteigerungen abgekoppelt (hier hinkt Bremen übrigens auch noch hinterher) — sie müssen die Einkommensverbesserungen auch noch selbst „ersparen“. Damit der Regelsatz „kostenneutral“ erhöht werden kann, sollen — so die Sparvorschläge der interministeriellen Arbeitsgruppe — „Mehrbedarfszuschläge“ z.B. für Alter, Behinderung und Alleinerziehende gekappt werden. ra