„Warum sollen Banken nicht streiken?“

■ Kleine Umfrage unter Bankangestellten über Tarifkonflikt und Streikaktionen

Kollege Streikbrecher ... Foto: Jörg Oberheide

Wie stehen die Bankangestellten zu dem von den Gewerkschaften angekündigten Streikaktionen? „Dazu möchte ich jetzt nichts sagen.“ „Also, ich werde mich nicht äußern.“ Die meisten Beschäftigten trauen sich nicht, über das Thema öffentlich zu reden.

Der junge Bankangestellte der Bank für Gemeinwirtschaft (BfG) wird rot, aber: „Warum soll das deutsche Bankgewerbe nicht auch mal streiken? Aber meinen Namen möchte ich nicht in der Zeitung lesen!“

Trotz dieser Zurückhaltung hat sich eine überwältigende Mehrheit der Bankangestellten in Bremen vergangene Woche für Streikaktionen ausgesprochen. „Die Banken machen die großen Geschäfte und wir kriegen nichts ab,“ schimpft die Kassiererin Frau K. von der Bremer Bank, „Ein Viertel der Kollegen ist nach Ostdeutschland abgezogen worden, wo die Banken das große Geld machen, und hier wurde kein neues Personal eingestellt.

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Wir können den Druck kaum noch aushalten.“

Seitdem bekannt wurde, daß der Vorstand der Deutschen Bank sich eine Erhöhung seiner Bezüge um satte 15% genehmigt hat, fühlen sich die traditionell nicht gerade streikfreudigen Angestellten verschaukelt.

„Das 5-Prozent-Angebot ist doch ein Witz,“ meint die Kundenberaterin Frau S. von der ehemals gewerkschaftseigenen BfG, „wir Mitarbeiter wissen doch genau, wie gut die Banken verdient haben. Aber inzwischen geht es auch schon um's Prinzip, der politischen Welle gegen die Gewerkschaften nicht zu folgen. Schließlich wird ja alles teurer. Ich finde, es könnten ruhig sieben Prozent werden!“

„Aber von einem prozentualen Tarifabschluß profitieren sowieso hauptsächlich die, die richtig gut verdienen,“ sagt Helga S. von der Bremer Bank. „Viele hier sind der Meinung, daß eine gestaffelte Pauschale von 300 oder

500 Mark für die unteren Gehaltsgruppen günstiger wäre.“

Manch anderer wäre auch mit einer Fünf vor dem Komma plus Arbeitszeitverkürzung zufrieden — bei der BfG wird derzeit noch 39 Stunden gearbeitet.

Der Kassierer in der Bremer Bank, Herr M., rechnet kühl: „Für 6,35 Prozent drei volle Tage zu streiken bringt uns gar nichts“, er bekommt allerdings auch kein Streikgeld: „Gewerkschaftsmitglied sein ist zu teuer. Das ziehe ich nicht in Erwägung.“

Die Mehrzahl der befragten Bankangestellten waren selbst überrascht von der großen Streikbereitschaft, wie sie in der Umfrage und der Urabstimmung zum Ausdruck gekommen ist.

Die Arbeitgeber können es noch nicht fassen, daß ihre sonst so folgsame Arbeitnehmerschaft in den Ausstand treten will. „Unsere Geschäftsleitung scheut auch vor Drohungen nicht zurück,“ verrät die Kundenberaterin Helga S. von der Bremer Bank, „Es werden die Namen von den Angestellten notiert, die zu den Betriebsversammlungen gehen und das kommt auch in die Personalakte“, fürchtet sie, „die jungen Leute haben einfach Angst um ihre Karriere und Stellen. Nur wer nichts zu verlieren hat, kann ohne Bedenken dahin gehen.“

Ob sich der Tarifkonflikt zuspitzen und es tatsächlich zu Streikaktionen in dieser Woche kommen wird, weiß bisher noch keiner der Bankangestellten. „Es geht ja gerade um den Überraschungseffekt,“ meint Frau S. von der BfG, „wir sind jedenfalls bereit, für einen anständigen Tarifabschluß auf die Straße zu gehen.“ Sim/Ca