Unbefangen über die DDR forschen

■ FU will den SED-Staat wissenschaftlich aufarbeiten — und die eigene Bespitzelung

Dahlem. An der Freien Universität soll nach den Worten des FU-Präsidenten Gerlach eine Forschungsstelle über die DDR eingerichtet werden. Sie verspricht eine »wissenschaftlich-unbefangene« Aufarbeitung des Systems des SED-Staates und will sich damit von der gegenwärtig praktizierten Aufklärungsarbeit der sogenannten Gauck-Behörde absetzen, deren Tätigkeit bereits als »Verfolgung«, »Treibjagd« und »Inquisition« bezeichnet werde. Die Forschungsstelle mit dem Titel »SED-Staat — Entwicklung, Struktur, Zusammenbruch und Abwicklung« soll die damaligen Machtstrukturen aufarbeiten und analysieren. Wie funktionierten Hierarchien und Unterdrückungsmaßnahmen im Staat, die die Entstehung und Entwicklung der DDR prägten und schließlich zu ihrem Zusammenbruch führten?

In einer ersten Arbeitsphase soll untersucht werden, wie die SED entstand, welche Rolle sie bei der Besetzung der CSSR 1968 spielte. Außerdem werde die Wissenschafts- und Hochschulpolitik der KPD/SED nach 1945 in Berlin an der Humboldt-Universität und das Verhältnis zur FU Gegenstand der Forschung sein.

Erste Projekte sind bereits angelaufen. Konkretere Angaben wollte der verantwortliche Koordinator der verschiedenen Projekte jedoch noch nicht machen.

»Die Einbeziehung zusätzlicher — auch nicht FU-angehöriger — Wissenschaftler und Projekte, die zum Aufgabenbereich der Forschungsstelle gehören, wird ausdrücklich angestrebt«, erklärte Gerlach. Unter anderem soll mit dem in Potsdam entstehenden Zentrum für Zeitgeschichte zur Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit zusammengearbeitet werden. Finanziert werde die Forschungsstelle mit Mitteln aus dem Etat der Freien Universität. Allerdings versuchten die Verantwortlichen auch Drittmittel, beispielsweise vom Berliner Senat, der Bundesregierung, Stiftungen und wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen zu bekommen.

Der FU-Präsident stellte in Aussicht, daß sich auf der Grundlage der sachlichen Forschungsergebnisse auch die Aufgabe ergeben könne, personenbezogene Untersuchungen durchzuführen. Denn es sei davon auszugehen, daß auch die FU »Ziel der Einflußnahme und auch operativer Maßnahmen seitens der Stasi war«. sl