Zeit der »Feuerzangenbowle« ist vorbei

■ Die taz hörte sich um: »Was halten Sie davon, daß die Lehrer heute mit einem Aktionstag gegen die Arbeitszeitverlängerung protestieren?«/ BerlinerInnen äußerten überwiegend Verständnis

Nicole, Jeannette und Petra, 13:

Wenn die Lehrer mehr arbeiten, haben wir bestimmt auch eine Stunde mehr Unterricht. Das finde ich blöd. Und daß die Lehrer heute einen Aktionstag machen, finde ich echt gut. Mit gestreßten Lehrern können wir schließlich auch nicht richtig arbeiten. Und die sind jetzt schon manchmal ganz schön genervt. Sie müssen ja nach der Schule auch immer noch unsere ganzen Diktate korrigieren und so. Und wenn es mehr Lehrer gäbe, würden nicht mehr so viele Arbeitslose auf der Straße rumlaufen.

Michael Steiner,

Bauleiter aus Marzahn:

Es ist schon frech, ausgerechnet bei der Bildung zu sparen. Für mich wäre das jedenfalls kein Job. Es ist bestimmt ganz schön hart mit so einer Rabaukenklasse. Deshalb brauchen Lehrer auch mehr Zeit als andere, um sich zu erholen. Im Ostteil haben sie im Moment außerdem fachlich noch genug mit dem neuen System zu kämpfen, als daß sie auch noch länger arbeiten könnten.

Doris Rummer-Löns-Fobbe,

Mutter:

Gott ja, ich möchte ja auch nicht eine Stunde länger arbeiten müssen. Die Lehrer sind natürlich sehr privilegiert; deshalb ist es schwierig, für ihre Situation Verständnis zu haben. In den großen Klassen mit so vielen unkonzentrierten, lärmenden Kindern ist es aber bestimmt furchtbar. Wenn ich sehe, was bei meiner 15jährigen Tochter in der Klasse so los ist... Sie sollen lieber mehr Lehrer einstellen und die Klassen verkleinern.

Christian Meyer,

Lehrer in Kreuzberg:

Seit 1932 soll jetzt zum ersten Mal in Deutschland die Arbeitszeit verlängert werden. Das ist ein Unding. Die Lehrer arbeiten ohnehin schon überdurchschnittlich viel. Das ist in allen Untersuchungen seit langem wissenschaftlich bewiesen. Ich arbeite alles in allem 52 Stunden pro Woche als Gesellschaftskunde- und Mathe- Lehrer. Aber das glaubt einem ja niemand, weil kein Mensch weiß, was Lehrer außer dem reinen Unterricht noch alles zu tun haben. die jetzige Belastung reicht mir völlig!

Helga Gafka, Politologin:

Die Lehrer sollten sich mal mit anderen Leuten vergleichen. Im Grunde haben sie immer noch beste Bedingungen. Erzieher und Sozialpädagogen arbeiten mehr und verdienen weniger. Bei drei Monaten Urlaub im Jahr sollten sie weniger jammern. Es gibt ja aber auch Lehrer, die sagen, daß sie einen lockeren Job haben. Trotzdem halte ich es für falsch, die Arbeitszeit zu verlängern. Gute Arbeitsbedingungen sind ja vernünftig und sollten auch in anderen Bereichen durchgesetzt werden.

Alfred Leder, Ruheständler:

Als ich zur Schule gegangen bin, war das ja noch wie in der Feuerzangenbowle. Heutzutage haben die Lehrer viel mehr Belastungen aufzufangen. Mit dem Schultag ist es ja nicht getan. Der Staat sollte lieber an anderen Ecken Geld sparen und Gesetze gegen Leute wie Schalck-Golodkowski entwerfen. Umfrage: jgo