Pat Buchanans Biß in die Wade des Präsidenten

Dritte Vorwahlschlappe für Bush, der seinen Konkurrenten nicht abschütteln kann  ■ Aus Washington M. Sprengel

In sieben US-Staaten sollten am Dienstag die demokratischen Wähler entscheiden, wer ihnen der liebste Präsidentschaftskandidat ist. Von den fünf Konkurrenten hatte sich in den bisherigen Vorwahlen keiner klar als Spitzenreiter profiliert. Das sollte sich am sogenannten Junior Tuesday (Junior, weil am Super Tuesday nächste Woche in elf Staaten gewählt wird) klären. Da die Wähler aber insgesamt mit dem Angebot unzufrieden sind, ist die Parteiführung am morgen danach genauso klug wie vorher.

Paul Tsongas, Ex-Senator aus Massachusetts und genesener Krebspatient, sicherte sich den ersten Platz in Maryland, Utah und voraussichtlich Washington und bewies damit, daß er nach seinem Sieg in New Hampshire mehr ist als nur ein Kandidat des Nordostens. Bill Clinton heimste fast 60 Prozent der Wählerstimmen in Georgia ein und verbuchte damit endlich seinen ersten Sieg. Der war dringend nötig, nachdem er seinen Spitzenreiterposten in den Meinungsumfragen an Tsongas wegen Berichten über angebliche Liebesaffären und Drückebergerei in Vietnam verloren hatte. Dritter Sieger war Jerry Brown in Colorado. Der Mann mit dem weißen Rollkragenpullover und der roten Schleife am Revers — in Gedenken an die Aids-Kranken — hatte bei den recht wohlhabenden Bewohnern des Rocky-Mountain-Staates mit seiner Anti-Atomkraft- und Anti-Washington- Botschaft den richtigen Ton getroffen. Im übrigen hat sich wohl ausgezahlt, daß er seinen Wahlkampf voll und ganz auf Colorado konzentriert hat. Diese Taktik hatte sich bereits in Maine bewährt, wo er mit nur einem Prozentpunkt Unterschied auf dem zweiten Platz landete.

Tom Harkin, Senator aus Iowa, dem Bissigkeit und Verbissenheit nachgesagt werden und der sich wegen seines Appeals bei Arbeitern als „einzig wahrer Demokrat“ im Kandidatenfeld verkauft, setzte sich in Minnesota und Idaho durch. Vietnam-Held Bob Kerrey ging als einziger leer aus.

Die Ergebnisse des Junior Tuesday haben auch ein Muster bestätigt, daß sich bereits in den vergangenen Wochen abzeichnete. Die Demokraten im Lande spalten sich in ihrer Unterstützung für Tsongas und Clinton entlang der Schicht- und Rassengrenzen. Paul Tsongas zieht mit seinem unternehmerfreundlichen Konzept vor allem die gebildeten und wohlhabenderen Wähler an. Bill Clinton, der Steuererleichterungen für die Mittelklasse verspricht, findet Unterstützung in den weniger gebildeten, weniger wohlhabenderen Bevölkerungsschichten. Und: Er ist der einzige Demokrat, der auch von Schwarzen gewählt wird.

Vorwahlen für die republikanische Nominierung wurden am Dienstag nur in fünf Staaten abgehalten, die wie erwartet auch alle in Bushs Schoß landeten. In den Staaten Georgia, Maryland und Colorado, in denen Pat Buchanan gegen den Präsidenten antrat, konnte er ihm — wie in New Hampshire — wieder rund ein Drittel der Wähler abjagen. Vor allem Buchanans Abschneiden in Georgia, wo die Arbeitslosigkeit unter dem nationalen Durchschnitt liegt, konterkariert die Beruhigungsversuche im Weißen Haus, wonach Buchanans gutes Abschneiden einzig als Zeichen der Wählerfrustration mit der wirtschaftlichen Lage zu interpretieren ist. In einem Statement, das Bush noch am Wahlabend an die Presse gab, gestand er denn erstmals ein, daß viele Wähler ihm persönlich ihre Unzufriedenheit signalisieren wollten. „Ich höre eure Bedenken und verstehe eure Frustration mit Washington. Ich werde mich bemühen, eure Unterstützung zurückzugewinnen.“