TuS Walle-Sponsor — ein Betrüger?

■ Staatsanwaltschaft hat Anklageschrift gegen Volker Brüggemann fertig: 2-Millionen-Betrug

Die TuS Waller Handball-Familie ist wieder komplett. Vater Volker Brüggemann, langjähriger Millionenmäzen des Deutschen Meisters im Frauen-Handball, hat gestern angekündigt, daß von den derzeit gültigen 12 Profiverträgen „meiner Mädchen“ zehn bis zum Jahr 1994 verlängert werden. Allein Csilla Elekes und Eva Kiss werden im nächsten Jahr nicht mehr bei Walle spielen. Noch in der letzten Woche hatte der „Mäzen“ erklärt, sch finanziell aus dem TuS Walle zurückziehen zu wollen.

Das ist das Ergebnis eines „Gespräches“, das Brüggemann mit „den Mädchen“ geführt hat. „Wir waren hier immer ein Haufen, und wir werden jetzt dafür sorgen, daß die Mädchen eine ordentliche Umschulung machen können. Das Geld ist da“, erklärte Brüggemann gestern der taz.

Gleichzeitig wurde aber gestern die Frage öffentlich aufgeworfen, ob Brügemann die Millionen ehrlich verdient hat. Dies könnte der Grund dafür sein, daß er ausgerechnet jetzt sein Sponsor-Image wiederherstellen will.

Seit längerer Zeit schon ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Warenterminhändler Volker Brüggemann und seine Kompagnons Birr, Stein und David. Gegenüber Radio Bremen bestätigte Brüggemann, daß er immer im Zentrum der Contracta-Warentermingeschäfte gestanden hat und daß er einem „seiner“ Terminhändler auch schon mal den Hörer aus der Hand nimmt, wenn der die Gespräche schlecht führt. Wenn es stimmt, daß er einen 60 Millonen-Umsatz hat, dürfte er einer der Marktführer in Bremen sein. Im Handelsregister stehen hinter Brüggemanns Contracta andere Namen, „Strohmänner“, sagt man in der Branche.

Brüggemann bestritt gegenüber Radio Bremen alle Vorwürfe, auch sein Anwalt Rembert Brieske wollte mit Hinweis auf die anwaltliche Schweigepflicht nichts sagen.

Die Last der Beschuldigungen, die die Staatsanwaltschaft ihn jahrelanger Arbeit zusammengetragen hat, ist jedoch erdrückend: Betrug über eine Summe von ca. 2 Millonen Mark. Als Zeugen dürften, wenn das Verfahren zustande kommt, über hundert Geschädigte geladen werden.

Was genau der Inhalt des Betrugsvorwurfes ist, sagt die Staatsanwaltschaft nicht, solange nicht förmlich Anklage erhoben ist. Klar ist aber, daß Brüggemann wie andere Warentermin- Händler ihre Kunden nur unzureichend über die Risiken dieses Spekulatonsgeschäftes mit Getreide, Zucker, Aluminium und anderen Weltmarkt-Produkten informieren.

So wurde Brüggemanns Contracta (früherer Geschäftsführer: Eddi Birr) 1989 verurteilt, einem Anleger über 200.000 Mark zurückzuzahlen. In einem vergleichbaren Fall wurde die Contracta und ihr damaliger Geschäftsführer Rüdiger Klimasch 1990 verurteilt, 90.000 Mark an einen Gläubiger zurückzuzahlen. Immer wieder derselbe Tatbestand: Die Warenterminhändler erwecken den Eindruck, daß ihre Spekulationen besonders gewinnträchtig seien und weisen nicht auf die erhebliche Risiken hin.

Hunderte dieser Art Verfahren sind bei den Zivilgerichten anhängig. In der Branche kursieren Gerüchte, daß gegen die Contracta zudem ganz andere Betrugsvorwürfe in den Akten der Staatsanwaltschaft gesammelt sind. Denn nur 55 Prozent des Geldes, das der Anleger dem Warenterminhändler zur Verfügung stellt, wird an der Warenbörse angelegt. Den Rest steckt die Contracta ein. Schon deswegen müssen die Spekulationsgewinne erheblich sein, wenn der Anleger überhaupt sein Geld wiedersehen soll. Bei Contracta soll die „Provision“ von 45 auf 49 Prozent erhöht haben, ohne dies den Kunden mitzuteilen. Der weitestgehende Vorwurf, der als Gerücht in der Branche kursiert, geht dahin, daß die Contracta in einzelnen Fällen das gesamte Geld eingestrichen und überhaupt nichts an der Börse plaziert habe.

Ob Brüggemann dem TuS Walle weiter mit großen Summen unter die Arme greifen kann, darf bezweifelt werden. Vor wenigen Wochen soll die Contracta zudem ein Zivilverfahren verloren haben, in dem es um ca. 13 Millionen gegangen sei. Die Firma mit vollständigem Namen „Contracta Rohstoffhandel „Beratungs- und Vermittlungsgesellschaft“ mbH soll gleichzeitig ihren Sitz nach Cottbus verlegt haben. Bein Bremer Handelsregister ist unter „Contracta“ nur der Vermerk anzutreffen, daß alle Registerauszüge in Cottbus seien... Betrogene Anleger dürften beim Zustand der Justiz in der ehemaligen DDR kaum eine Chance haben, in absehbarer Zeit ein Konkursverfahren „Contracta“ in Cottbus zu erleben. In Bremen firmiert stattdessen die „Contracta futures Warentermin Handels-und Beratungs-GmbH“ am Breitenweg, dieselbe Adresse, dieselbe Telexnummer, nur die Namen der Eintragung im Handelsregister sollen andre sein. K.W.