Regierung verteidigt VW-Skoda-Vertrag

■ Tschechischer Regierungschef sieht in der ablehnenden Haltung des Kartellamts eine Gefährdung wirtschaftlicher Interessen/ Amtschef Flassik hatte Joint-venture als rechtlich ungültig bezeichnet

Prag (adn/dpa/taz) — Die Tschechen werden scheinbar mit den deutschen Investoren nicht recht glücklich. Nachdem die Prager Medien in den vergangenen Monaten den Ausverkauf der heimischen Industrieperlen an deutsche Konzerne heftig kritisiert hatten, greift nun das Kartellamt die vertraglichen Regelungen der Joint-ventures an. Die Äußerungen von CSFR-Kartellamtschef Imrich Flassik, wonach der Vertrag über die Übernahme von Skoda durch die Wolfsburger Volkswagen AG ungültig sei, stießen bei der Prager Regierung jedoch auf taube Ohren.

Der tschechische Ministerpräsident Petr Pithart bezeichnete die Äußerungen Flassiks als „Gefährdung der wirtschaftlichen Interessen“ der tschechischen Teilrepublik. Das Kabinett, das sich am Mittwoch mit der Stellungnahme des Chefs des Amtes für wirtschaftlichen Wettbewerb befaßt hatte, wollte den Vorfall allerdings zu einem reinen „Mißverständnis“ herunterspielen. Der Amtschef, der als Minister der Föderalregierung von Premier Calfa untersteht, hätte sich einer Stellungnahme gegenüber der Presse enthalten sollen, da er nicht ausreichend über das Vorgehen der Regierung in dieser Sache informiert gewesen sei, hieß es.

Der Kartellamtschef hatte den Vertrag über den Zusammenschluß als rechtlich ungültig erklärt, da er von seiner Behörde nicht genehmigt worden sei. Die tschechische Regierung, so Flassik weiter, habe auch nicht das Recht gehabt, den deutschen Autobauern weitreichende Zugeständnisse etwa über hohe Importzölle für Personenwagen zu machen. Außerdem hätte sie keinerlei Befugnis gehabt, das Gesetz über den wirtschaftlichen Wettbewerb außer Kraft zu setzten, da dafür das Ministerium für Außenhandel zuständig sei. Nun will sich das Kartellamt die Verträge zwischen Mercedes-Benz und den tschechischen Lkw-Herstellern Avia und Liaz vorknüpfen.

Nach dem Umsturz in Prag waren die deutschen Autohersteller ins Land gerollt. Der VW-Skoda- Vertrag war bereits im vergangenen Jahr von der tschechischen Presse angegangen worden, da er zudem eine zweijährige Befreiung von gewinnabhängigen Steuern für das Unternehmen vorsieht. Die im Frühjahr letzten Jahres von Volkswagen und dem tschechischen Staat gegründete Skoda Automobilovu soll nun spätestens bis 15. März die noch immer fehlenden Unterlagen für die kartellamtliche Prüfung einreichen.

Die Regierung erklärte, bei den Verhandlungen Ende 1990 habe das Kartellamt noch gar nicht existiert. Dem Kartellamtschef sei später auch nichts über den offiziellen Standpunkt der Zentralregierung bekannt gewesen, die im April 1991, fast drei Monate nach Gründung der Behörde, der Fusion schriftlich zugestimmt hatte. Auch sei das Außenhandelsministerium in die Verhandlungen einbezgen gewesen.

Das VW-Skoda-Joint-venture, von beiden Seiten als die bedeutendste Firmengründung in der CSFR gefeiert, soll dem Nachbarland zu Investitionen von knapp 10 Milliarden Mark verhelfen. Neben der Skoda- Produktion ist ab Mitte 1993 die Montage von jährlich 30.000 VW- Pkws geplant. Der Autoriese VW hatte sich gegenüber dem französischen Mitkonkurrenten Renault durchgesetzt. es