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Gorbatschow ganz privat in Bonn

Der prominente Gast des Gütersloher Medienkonzerns Bertelsmann auf PR-Tour am Rhein  ■ Aus Bonn Andreas Zumach

Bonn, Marktplatz: Zehntausende BürgerInnen, junge und auffallend viele ältere, CDUler und DKPisten drängen sich um den Staatsgast aus Moskau. Die unermüdlichen „Gorbi“-Chöre sind noch am Rheinufer zu hören. Das war am 13. Juni 1989, fünf Monate vor der Öffnung der Mauer. Deren „Verschwinden“ war für den sowjetischen Präsidenten damals noch davon abhängig, daß „die Voraussetzungen, die diesen Wall ins Leben gerufen haben, nicht mehr existieren“.

Bonn, Marktplatz, gestern morgen: Der Wind fegt über den bis auf ein paar Penner leeren Platz. Die Verkäuferin an einem Backwarenstand erinnert sich nur noch dunkel an das historische Ereignis vor kaum drei Jahren. „Gorbatschow? Is dat nicht der mit der schicken Frau, der Raissa?“ Wenn Michail Sergejewitsch jetzt an ihrem Stand einen der liegengebliebenen Karnevalskrapfen kaufte, sie würde ihn „wahrscheinlich nicht erkennen“. Doch Privatbesucher Gorbatschow frühstückt um diese Stunde bereits im Hochhaus des Bundestages mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Klose. Auch im Regierungsviertel ist vom Besuch des einstigen Großmacht- Chefs wenig zu spüren. Die Sicherheitsvorkehrungen sind minimal. Lediglich vor Gorbatschows zweitem Termin im Büro von Kloses CDU/CSU-Kollegen Schäuble machen sich ein paar übereifrige BKA- Beamte wichtig und belästigen die Journalisten mit Ausweiskontrollen. Die ersten Minuten in Schäubles Dienstzimmer vergehen mit gequälter Konversation. „Für den Sonnenschein über Bonn haben wir gesorgt, wie immer, wenn wichtige Gäste kommen“, begrüßt Schäuble seinen Gast. „Ich wußte schon lange, daß die CDU über besondere Beziehungen zu Gott verfügt“, reagiert der „Noch-immer-Kommunist“ aus Moskau. Zur Vorbereitung auf seinen am Montag angetretenen neuen Job als Stiftungs-Präsident „habe ich mit großem Interesse die Satzung der Konrad-Adenauer-Stiftung studiert“, erzählt Gorbatschow dem CDU-Politiker. Der fühlt sich so geschmeichelt, daß er großmütig auf die „wichtige Bedeutung auch der Friedrich-Ebert-Stiftung der SPD“ verweist. Noch während des Gespräches lädt Schäuble überraschend zu einer Pressekonferenz mit dem Russen und durchkreuzt damit auch das Vermarktungskalkül von Ex-Kohl- Berater Teltschik. Der hatte die Deutschland-Tour im Auftrag des Bertelsmann-Verlags organisiert und eine einzige Pressekonferenz erst zum Abschluß der Visite nächsten Dienstag am Gütersloher Konzernsitz geplant.

Polit-Profi Gorbatschow nutzt den Auftritt vor den Bonner Journalisten, um die derzeitige Lage in der Ex-Sowjetunion noch einmal in düsteren Farben zu malen, mischt das Bild aber mit vorsichtig selbstkritischen Tönen: Möglicherweise seien seine Bemühungen, die UdSSR zusammenzuhalten, als „imperiales Gehabe“ verstanden worden. Nach der Schelte für seine politischen Erben warten in der Bonner Niederlassung von Feinschmecker Lafontaine hausgemachte Trüffelravioli, Lammcarré mit grünen Bohnen, ein 82er Clos de Tart und Willy Brandt auf den Privatgast aus Moskau.

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