Milliardenstau bei Senatsinvestitionen

■ Senat hat 1991 eine Milliarde Mark weniger investiert als geplant/ Ursachen sind noch ungeklärt/ 25 Millionen für S-Bahn verloren

Berlin. Einen beispiellosen Investitionsstau hat jetzt die Senatsfinanzverwaltung beim Jahresabschluß für das Haushaltsjahr 1991 entdeckt. Jede zehnte Mark, die der Senat 1991 für Investitionen — Schulen, Kitas oder andere Infrastrukturvorhaben — ausgeben wollte, ist überhaupt nicht abgeflossen. Von der geplanten Investitionssumme von 7,7 Milliarden Mark habe die Stadt insgesamt 750 Millionen Mark nicht ausgegeben, sagte Finanzstaatssekretär Werner Heubaum der taz. Weitere 250 Millionen habe man ebenfalls nicht ausgeben können. Sie seien jedoch »in den Rest gestellt worden«, was bedeute, daß die Mittel nun in diesem Jahr abfließen könnten.

Die Ursachen des Investitionsstaus und welche Projekte betroffen seien, müsse noch im einzelnen untersucht werden, betonte der Staatssekretär. Zum Teil sei es den Verwaltungen wahrscheinlich nicht gelungen, die Planung für die Investitionsvorhaben rechtzeitig abzuliefern. Auch die ungeklärten Grundstücksverhältnisse im Ostteil könnten dazu beigetragen haben. Betroffen seien aber auch Vorhaben im Westteil der Stadt. Auf der positiven Seite verbuchte der Staatssekretär, daß der Ausgabenstau die Schuldensumme entsprechend begrenzt habe. Die Nettokreditaufnahme im Jahr 1991 habe, auch wegen Steuermehreinnahmen von 400 Millionen Mark, deutlich unter fünf Milliarden gelegen. Eingeplant waren 5,85 Milliarden.

Baustaatssekretär Frank Bielka (SPD) reagierte überrascht auf die Nachricht von der Investitionsblockade. Die Senatsbauverwaltung sei »mit ziemlicher Sicherheit nur für einen Bruchteil davon verantwortlich«. Für viele Vorhaben seien auch die Bezirke oder Zuwendungsempfänger des Senats, zu denen die Eigenbetriebe zählen, zuständig.

Finanzielle Verluste habe die Stadt nicht erlitten, versicherte Staatssekretär Heubaum. Die Bundesmittel aus dem Programm »Aufschwung Ost«, die verfallen wären, wenn man sie nicht investiert hätte, seien vollständig verwendet worden. Es sei jedoch gut möglich, daß das Aufschwungprogramm indirekt zu dem Investitionsstau beigetragen habe. Da die Verwaltungen sich auf das Sonderprogramm konzentriert hätten, sei es ihnen wahrscheinlich nicht möglich gewesen, die vom Land finanzierten Projekte mit gleicher Kraft voranzutreiben.

Zum Teil habe die Stadt aufgrund von Planungsschwierigkeiten auch Gelder verloren, hieß es dagegen in der Senatsbauverwaltung. Bundeszuschüsse für den S-Bahn-Bau in Höhe von 25 Millionen Mark habe man 1991 nicht ausgeben können. Die Verwaltung wollte mit diesen Mitteln eigentlich den Baubeginn auf der Strecke nach Lichterfelde-Süd finanzieren, konnte sich jedoch nicht mit der Reichsbahn auf ein Ausbaukonzept einigen. Die Gelder seien jetzt verloren, hieß es. hmt