Die Ladies wären die bessere Wahl

Die Frauen der US-Präsidentschaftskandidaten stehen nicht mehr zwischen Kindern und Küche, sondern zwischen Schreibtisch und Wahlkampfbüro/ Die „wahre Republikanerin“ ist Pat Buchanans Schwester Angela  ■ Aus Washington M. Sprengel

Was sie wohl tun würde, sollte ihr Gatte Präsident werden, wurde Hillary Clinton kürzlich gefragt. Etwa ihre Karriere aufgeben? „Ehrlich gesagt, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht“, antwortete die 44jährige Anwältin. Tatsächlich wird Hillary solche Überlegungen wohl eher verdrängt haben. Denn ihr beruflicher Werdegang, den sie als First Lady möglicherweise unterbrechen müßte, kann sich sehen lassen: Gleich nach dem Studium an den renommierten Instituten Wellesley und Yale engagierte sie 1974 jene Parlamentskommission, die die Verwicklungen von Richard Nixon in den Watergate-Skandal untersuchte. Heute zählt Hillary Clinton zu den 100 besten JuristInnen Amerikas, gehört der angesehensten Anwaltspraxis im Bundesstaat Arkansas an und sitzt in den Vorständen verschiedener Organisationen für Bildungs- und Familienpolitik. Hillary Clinton repräsentiert den neuen Typ der Politikerfrau. Selbstbewußt, mit eigenem Kopf und vor allem finanziell und beruflich unabhängig von ihrem Mann. Die 47jährige Ruth Harkin — Ehefrau des Senators und Präsidentschaftskandidaten Tom Harkin — ist wie Hillary Clinton und Niki Tsongas gelernte Juristin. Auch sie kann auf eine Bilderbuchkarriere verweisen. 1972 machte sie Geschichte, als sie zur ersten Staatsanwältin in Iowa gewählt wurde. Erst fünf Jahre nachdem ihr Mann Tom als Kongreßabgeordneter nach Washington ging, gab sie — entnervt von einer Wochenendehe — diesen Posten auf und zog ebenfalls in die US-Hauptstadt. In der Carter-Regierung avancierte sie zur zweitwichtigsten Juristin im Landwirtschaftsministerium. Seit fast zehn Jahren arbeitet sie in einer Washingtoner Kanzlei. Dort sind ihr allerdings Beschränkungen auferlegt. Fälle, in denen es zum Interessenkonflikt mit dem Senatsposten ihres Mannes kommen könnte, sind tabu.

Gerade die Gefahr von Interessenkonflikten — neben anderen Bedenken — könnte einem Profi wie Ruth Harkin die weitere Karriere verbauen, sollte sie als First Lady im Weißen Haus landen. Noch glaubt sie, auch dann ihrem jetzigen Job nachgehen zu können. „Wenn wir eine Präsidentin hätten, würden wir ja auch von ihrem Ehemann nicht erwarten, daß er zu Hause 'rumsitzt“, moniert sie. Niki Tsongas, mit dem Präsidentschaftskandidaten und demokratischen Senator von Massachussetts, Paul Tsongas verheiratet, gibt sich da pessimistischer: Sie sieht die drei Frauen der demokratischen Kontrahenten in einer Übergangsphase und glaubt, daß Amerika noch nicht reif ist für eine First Lady mit eigenem Einkommen, Terminkalender und Überstunden.

„Zwei für den Preis von einem“

„Das Problem ist nicht die öffentliche Meinung“, hält Pat Reilly vom National Women's Political Caucus dagegen, einer Gruppe, die für mehr politischen Einfluß von Frauen kämpft. Reilly glaubt, daß vielmehr zeitraubende Repräsentationspflichten und die schon genannten Interessenkonflikte ein Berufsleben separat vom Weißen Haus erschweren. Davon könne zum Beispiel Marilyn Quayle ein Lied singen. Sie scheiterte mit dem Versuch, ihren Beruf als Anwältin und die Verpflichtungen als Frau des Bush-Vize unter einen Hut zu bringen. Jetzt beschränkt sie sich auf die traditionelle Rolle einer Vizepräsidentengattin: Sie arbeitet ehrenamtlich in karitativen Organisationen. Im übrigen aber wird ihr großer Einfluß auf ihren Mann Dan nachgesagt. Dessen Reputation hat sich in den letzten Jahren zwar verbessert, doch noch im Wahljahr 1988 meinte so mancher, Marylin sei für den Posten im Weißen Haus weitaus qualifizierter als ihr Gatte.

Auch im Fall der Clintons hält so mancher Amerikaner Hillary für die bessere Wahl, wenn es um den Einzug ins Weiße Haus geht. Feministinnen allerdings stoßen tiefe Seufzer aus, wenn sie Prognosen abgeben sollen über die Chancen einer weiblichen Bewerberin, erste Frau im Staat zu werden. „Um das noch erleben zu dürfen, muß ich wohl ganz schön alt werden“, klagt Leslie Wolfe vom Center for Women's Policy Studies. Nicht mehr als sechs Prozent der Kongreßmitglieder sind weiblich, 29 im Haus und zwei im Senat, und nur drei der 50 Staaten werden von einer Frau regiert. Hillary Clinton versteht sich und ihren Mann als Team, daß gemeinsam zur Präsidentschaftskür antritt. „Als wir darüber nachgedacht haben anzutreten“, erklärt sie, „habe ich meinem Mann gesagt: Wir bekommen vielleicht nur zwei Stimmen, meine und deine. Aber wir gehen da raus und sagen den Leuten, woran wir glauben.“ Ein Mitarbeiter des Clinton-Stabes bringt dieses Wir-Gefühl der Hillary Clinton auf den Punkt: „Wir sagen immer: zwei für den Preis von einem.“

Dabei beschränkt sich Hillary Clinton keineswegs darauf, vor der Fernsehkamera händchenhaltend ihre Innigkeit mit ihrem Mann zu demonstrieren, wenn der sich öffentlich gegen Gerüchte über eine angebliche langjährige Liebesaffäre wehren muß. Sie hat Charisma, kann gut reden und reißt die Leute mit. Sie kämpft nicht nur für ihren Mann, sondern letztlich auch für sich. In einem Punkt ist sich die amerikanische Presse einig: Sollte Bill Clinton trotz aller Angriffe das Rennen der Demokraten machen und sogar im November gegen Bush gewinnen, Hillary Clinton würde eine ausgesprochen einflußreiche und politisch ambitionierte First Lady abgeben.

Die Frau hinter Buchanan

Ganz anders Shelley Buchanan. Sie spiegelt in ihrer Rolle als Gattin des Rechtsaußen Pat Buchanan jene traditionellen Werte wieder, für die ihr Mann Pat steht, der US-Präsident Bush von rechts Konkurrenz macht. „Ihrem Mann zur Seite zu stehen“, formuliert ein Sprecher der Buchanan-Kampagne ihre Aufgabe. Und darin erschöpfen sich denn auch ihre Wahlkampf-Auftritte. „Sie würde sich nicht wohl fühlen, öffentlich zu reden“, heißt es diplomatisch. Das übernimmt, dynamisch und überzeugend, Pats Schwester Angela, die als Campaign-Managerin alle Fäden in der Hand hält. Erst vor zwei Jahren trat sie selbst im Wahlkampf um den Posten des Schatzmeisters in Kalifornien als „die wahre Republikanerin“ auf: Just mit diesem Slogan verkauft sich Bruder Pat nun im Wettbewerb um die Nominierung seiner Partei. Und was er heute für sich reklamiert, nämlich der „künftige Führer der konservativen Bewegung und der Republikaner“ zu sein, behauptete er damals von seiner „kleinen“ Schwester. Aber dazu sind gerade die Konservativen noch nicht bereit.