Von Frauenhandel und Emanzipation

■ Frauenforum „Sexismus-Rassismus-Kolonialismus“ zum Internationalen Frauentag

Der Frauenhandel ist ein Wirtschaftsfaktor, ist ein Teil des Gesamthandels wie der Handel mit Kaffee oder Kakao. Das müsse man endlich begreifen lernen, da müsse die Bewußtseinsbildung ansetzen, sagt Dr. Aditee Nag Chowdhury. Sie war jahrelang Leiterin von Entwicklungshilfe- und Frauenprojekten von EG und Uno, ist jetzt Mitarbeiterin beim Dachverband ausländischer Kulturvereine in Bremen (DAB). Anschaulich beschrieb die Ausbeutung der Frauen auf den Philippinen: wie die Moral des Landes korrumpiert werde, indem „kleine, zierliche Philippinas“ für die Europäer in Biergärten in Dirndl gesteckt würden, wie sie in Massagesalons sonstwas leisten müßten: „Das ist Neokolonialismus.“

Während Chowdhury betont, daß Frauen nicht als Anhängsel ihrer Männer, sondern aus meist eigenen Beweggründen flüchten, flimmern im Hintergrund Dias über die Leinwand: ein sahnegefüllter „Neger(innen? )kuß“, eine sanft lächelnde Asiatin aus der Broschüre einer Heiratsvermittlung, Benetton-Multi-Kulti-Poster usw.

Es ist Sonntag vormittag, Internationaler Frauentag und Frauengruppen des gesamten Bremer Spektrums, einschließlich den eher konservativen des „Frauenausschuß e.V.“, haben

sich in der Mensa der Hochschule zu einem gemeinsamen Forum versammelt. „Sexismus, Rassismus, Kolonialismus“ ist das Thema. Als Rose Baaba Folson von „Decolores“ die deutschen Frauen auffordert, „vergeßt nie die Privilegien Eurer Dominanzkultur und daß Ihr uns damit seelisch, physisch und existentiell zerstören könnt“, herrscht zunächst betretenes Schweigen. Müssen im Kampf um die Gleichberechtigung auch Frauen Privilegien abgeben? Vielleicht gar neben der Frauen- eine Ausländerinnenquotierung?

Von Gewerkschafts- und Behördenseite kommt sogleich der Protest: Das bedeute Rückschritte für die Sache aller Frauen, eine engere Zusammenarbeit sei stattdessen angesagt. Von deutschen Frauen im lila geschmückten Saal wird die multikulturelle Gesellschaft beschworen, Ausländerinnen halten ihre Erfahrungen dagegen: Bei der GEW in Bremerhaven zum Beispiel wurde für die Personalratswahl Ende März ein Platz erstritten. Besetzen wolle den Platz jetzt aber eine deutsche Beamtin. „Sie will über unsere Arbeitsverträge verhandeln und kennt die überhaupt nicht“, berichtet M. Gönül Baki. Eine Chilenin, seit 15 Jahren in Bremen, erzählt vom Rassismus, den ihre Kinder in der Schule erleben und daß sie dafür in keiner Behörde offene Ohren gefunden habe. Die Frauensenatorin geht auf sie zu, nimmt Adressen auf.

Überhaupt gibt Sabine Uhl sich kämpferisch an diesem Tag. Sie persönlich werde alles tun, um im Bereich der Rechtsnormen verändernd zu wirken: Sexistische Verfolgung im Herkunftsland müsse als eigener Asylgrund anerkannt werden. Und Frauenhandel müsse endlich strafrechtlich sanktioniert werden. Die Drahtzieher des Heiratstourismus inbegriffen. ra