Söldner für Zaire

In Belgien werben Mittelsmänner Kampftruppen für Diktator Mobutu an  ■ Aus Brüssel Fran¿ois Misser

Mit einer großangelegten internationalen Anwerbung ausländischer Söldner bereitet sich Zaires Diktator Mobutu Sese Seko darauf vor, seine Macht auch weiterhin mit Gewalt zu verteidigen. Der zairische Botschafter in Belgien, Kimbulu wa Moyanso, hat in einem Interview mit der Tageszeitung 'La Libre Belgique‘ Kontakte zwischen den zairischen Behörden und Rekrutenwerbern zugegeben.

Mobutus Wach- und Schließgesellschaft

Der Militärattaché der Botschaft, Oberst Maduangele, soll Ende letzten Jahres einen ehemaligen Brüsseler Gefängnisdirektor namens Jean Bultot sowie den belgischen Söldnerchef Paul-Louis Balbeur aufgesucht haben. Balbeur habe, so Kimbulu, Mobutu am 6. Februar brieflich vorgeschlagen, eine Wach- und Schließgesellschaft zu gründen. Diese sollte von der zairischen Regierung kontrolliert werden. Sie solle den im Lande befindlichen ausländischen Unternehmen das Recht zugestehen, eigene Sicherheitskräfte aufzustellen, um Plünderungen vorzubeugen.

Balbeur leitet im belgischen Lüttich eine Firma namens „Candel Consulting“. Früher war er ein Kompagnon des Franzosen Bob Denard, der in der Kongo-Krise der 60er Jahre europäische Söldner im heutigen Zaire anführte, seither in ehemaligen französischen Kolonien, von Benin bis zu den Seychellen, Militäroperationen und Putsche geleitet hat und vor kurzem unter dem Titel 'Le Roi de Fortune‘ seine Memoiren veröffentlichte. Balbeurs Dienste werden nach eigenen Angaben von 700 belgischen, französischen, niederländischen und deutschen Firmen in verschiedenen afrikanischen Ländern — Zaire, Ruanda, Burundi, Kongo, Gabun und Elfenbeinküste — in Anspruch genommen.

Der Söldnerchef gibt an, für sein neues Zaire-Projekt 3.200 Bewerbungen aus Belgien und 400 aus Frankreich erhalten zu haben. Pensionierte Berufssoldaten würden bevorzugt. Die belgischen Behörden wissen laut Balbeur Bescheid; der zairische Premierminister Nguza habe im Dezember seine mündliche Zustimmung gegeben.

Auch der andere zairische Kontakt in Brüssel, Jean Bultot, ist im internationalen Söldnerunwesen kein Unbekannter. 1984 wurde er von einem belgischen Gericht für schuldig befunden, über den damaligen zairischen Militärattaché in Brüssel Waffen an die italienischen Neofaschisten der Partei MSI geleitet zu haben. 1990 hielt sich Bultot in Südafrika auf, wo er Mitglieder der rechtsradikalen „Afrikaner Weerstandsbewegung“ (AWB) und Wachpersonal der Firma „Springboks Patrol“ im Schießen ausbildete.

Balbeur und Bultot sind nicht die einzigen Söldnerwerber in Mobutus Diensten. Wie 'La Libre Belgique‘ im Oktober 1991 herausfand, warben fünf belgische Unternehmen nach den schweren Hungerunruhen im September insgesamt 20 Söldner in Antwerpen an, die von pensionierten belgischen Militärs ausgebildet wurden und Privatmilizen zum Schutz von Firmengeländen in Zaire aufbauen sollten.

Und Augenzeugen aus Zaire berichten, daß in Mobutus Präsidialgarde („Division Speciale Presidentielle“, DSP) inzwischen auch portugiesisch gesprochen wird. Ein Finanzberater des Diktators namens Bosekota soll einen belgischen Bankkredit in Höhe von 97 Millionen Dollar dazu genutzt haben, in Angola 440 „Techniker“ zu werben, wahrscheinlich aus den Reihen der ehemaligen Rebellenbewegung „Unita“. Die Techniker seien im Laufe des Februars in Zaires Hauptstadt Kinshasa eingetroffen. Am 16. Februar fand in Kinshasa das erste von mehreren Massakern statt, die die DSP seither unter christlichen „Sonntagsdemonstrationen“ anrichtet; damals starben mindestens 30 Menschen, am 1. März wurden drei getötet und fünf Priester verhaftet.

Pensionierte Soldaten bevorzugt

Die angolanische Rebellenbewegung „Unita“ von Jonas Savimbi, die Mobutu immer nahestand, hat bereits erklärt, „weder die Intention noch die Mittel für ein solches Projekt“ zu haben — was nicht gerade als hartes Dementi gelten kann.

Nach Angaben der zairischen Menschenrechtsliga befinden sich in der DSP auch anglophone Soldaten. Sie könnten ehemalige Gefolgsleute des 1981 gestürzten ugandischen Diktators Idi Amin sein — aber, so wird gemutmaßt, auch Aktivisten der südafrikanischen Schwarzenbewegung Inkatha.

Die neue internationale Söldnerhilfe steht im Zusammenhang mit einer möglichen Einschränkung der technischen Unterstützung, die Israel und Ägypten zur Zeit dem zairischen Militär zukommen lassen. Zaires Opposition hat die westlichen Geldgeber aufgefordert, die beiden Staaten zur Beendigung ihrer derzeitigen Hilfe zu bewegen: Israel bildet die DSP aus, Ägypten die Zivilgarde.

Mobutu, der diese Woche mit dem Afrika-Staatssekretär der USA, Herman Cohen, zusammentraf und von ihm zur Wiederaufnahme der im Januar abgebrochene Nationalkonferenz über demokratische Reformen aufgefordert wurde, bereitet sich offensichtlich darauf vor, auch ohne staatliche Unterstützung aus dem Ausland zu überleben.