Weltbank drängt Polen zum Sparen

■ Nach dem IWF rechnet auch die Weltbank mit einer Hyperinflation durch das neue Wirtschaftsprogramm

Warschau (afp/taz) — Die Weltbank hat Polen drastische Sparmaßnahmen sowie Steuererhöhungen empfohlen, um eine erneute Hyperinflation zu vermeiden. Wie aus einem vertraulichen Bericht der Weltbank an die polnische Regierung hervorgeht, über den die Tageszeitung 'Gazeta‘ am Samstag berichtete, sollen die Gehälter im öffentlichen Dienst nach Anpassung an die Inflationsrate eingefroren werden. Dem Kabinett wird weiter nahegelegt, die Rentenerhöhungen zurückzunehmen und die Subventionen für den Wohnungsbau, Kohle und Warmwasser drastisch zu kürzen. Außerdem empfiehlt die Weltbank, die Alkohol-, Tabak- und Benzinsteuern um 100 bis 150 Prozent zu erhöhen.

Mit den geforderten Maßnahmen, die der polnischen Bevölkerung weitere Opfer abverlangen, verknüpfen die Weltbankexperten offensichtlich die Hoffnung, daß die Inflationsrate im Zaum gehalten wird. Die Weltbank erwartet, daß das polnische Haushaltsdefizit bis zu zehn bis elf Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreicht und so zu einer dreistelligen Inflationsrate führen könnte. Das am Donnerstag vom polnischen Parlament abgelehnte Regierungsprogramm rechnete dagegen mit einem Defizit von bis zu fünf Prozent und einer jährlichen Inflationsrate von 40 Prozent — ganz so, wie es sich der Internationale Währungfond für das Wirtschaftsprogramm wünscht.

Aber auch nach Ansicht der IWF- Fachleute kann das polnische Budgetdefizit schon im ersten Halbjahr eine zweistellige Prozentzahl erreichen, was insgesamt zu einer dreistelligen Inflationsrate führen würde. In drei Schreiben hat der IWF erst kürzlich die Regierung unter Premier Olszewski zu einem deutlichen Sparkurs und dem Festhalten an einer rigiden Geldpolitik gedrängt. Nachdem Polen bereits einige der mit dem IWF vereinbarten Eckpunkte überschritten hatte, legte der Fonds im Herbst letzten Jahres die fälligen Kreditraten — rund eine Milliarde US-Dollar — vorerst auf Eis.

Die Skepsis internationaler Finanzorganisationen gegenüber Polens neuem Wirtschaftsprogramm schmälert zugleich auch die Aussichten des Landes, eine Reduzierung seiner sich auf rund 12 Milliarden US-Dollar belaufenden Schulden beim sogenannten Londoner Klub der privaten Gläubigerbanken zu erreichen. Anders als die Staatsgläubiger haben es die Banken bisher abgelehnt, Polen eine 50prozentige Reduzierung der Schuldenlast zuzugestehen. Das Ausstehen einer Lösung für die Bankenschulden ist nach Aussage von Mitgliedern des Londoner Klubs zugleich eines der Haupthindernisse für größere Auslandsinvestitionen.

Polens Premier Jan Olszewski hatte dem IWF daraufhin vorgeworfen, ein „sehr undogmatisches Verhalten“ an den Tag zu legen. Eine Politik des knappen Geldes, wie sie der IWF rezessionsgeplagten westlichen Wirtschaften verordne, eigne sich für die Ost-Staaten wenig. „Mehr Flexibilität“, wie sie Olszewski fordert, dürfte der IWF allerdings kaum an den Tag legen, da sich, so sagen IWF-Experten, andere betroffene Länder wie die CSFR oder Ungarn an die Vorgaben halten. Der IWF müsse an seiner Linie festhalten, da sonst auch die Dämme in anderen Schuldnerländern brechen könnten. Klaus Bachmann