Richter begrüßen Haschisch-Urteil

Jahreshauptversammlung der Neuen Richtervereinigung  ■ Aus Mainz Heide Platen

„Überfällig, couragiert und wirklichkeitsnah“ nannte die Neue Richtervereinigung (NRV) während ihrer Jahreshauptversammlung am Wochenende in Mainz die „Lübecker Haschischentscheidung“. Die RichterInnen und StaatsanwältInnen wandten sich gegen eine „Kriminalisierung von Haschisch“ und damit „weiter Teile der jungen Bevölkerung“. Die Strafjustiz wolle sich nicht für eine „gescheiterte Drogenpolitik“ mißbrauchen lassen.

Die JuristInnen richteten außerdem harsche Vorwürfe an die Politiker, die durch eine Verschärfung der Polizeigesetze einen „eigenständigen, unkontrollierbaren und deshalb gefährlichen Apparat“ einer „Sicherheitspolizei mit nachrichtendienstlichen Mitteln schaffen“ wollen. Das, was als „präventive Maßnahme“ der Verbrechensbekämpfung geplant sei, mache den Strafprozeß für Richter undurchschaubar und „von einer Geheimpolizei abhängig“. Einerseits werde die Gefahr „großer Verbrecher-Kartelle“ an die Wand gemalt, andererseits aber bei der Entkriminalisierung des Drogenkonsums „gebremst“.

Die NRV setzte sich außerdem mit ihren Arbeitserfahrungen in der Justiz in den neuen Bundesländern auseinander. Die Einteilung der dritten Gewalt in „Ossis“, „Wessis“ und „Wossis“ ging ihnen dabei leicht von den Lippen. Der Umgang miteinander während der Podiumsdiskussion „Was bedeutet Aufarbeitung der DDR-Justiz?“ gab schon Antwort auf die Fragestellung: vorsichtiges Herantasten an Differenzen und das Vermeiden von Emotion und Aggression. Die gemeinsame Arbeit an den Gerichten der ehemaligen DDR macht das notwendig. Daß es dennoch manchmal schwerfällt, Ressentiments zu vermeiden, machte der Beitrag des Rechtswissenschaftlers Uwe-Jens Heuer, aus der Ost-Berliner Akademie der Wissenschaften in den Vorruhestand gewechselt, deutlich. Er wandte sich gegen den Begriff „Unrechtsstaat“ als unwissenschaftlich und nannte die DDR „einen Irrweg der Geschichte, einen Ausreißer, einen Exzeß“, der aber aus der Geschichte der Arbeiterbewegung erklärt werden müsse. Er schilderte den Weg, den die daraus entstandene Justiz in der DDR von der Rechtsprechung, die vor allem das Volkseigentum schützen sollte, zur „justizförmig kaum verhüllten Verwaltungsentscheidung“ genommen habe. Heuer wollte allerdings berücksichtigt wissen, daß sich die Rechtsprechung in der DDR „nach und nach dem internationalen Standard“ angenähert habe. Er stieß auf Kritik bei dem Schriftsteller Gilbert Furian, der in seinen Büchern versucht, seine Erfahrungen und die anderer Betroffener mit der DDR-Justiz aufzuarbeiten. Furian sprach sich jedoch gegen den Vorschlag eines „Tribunals“ aus.