Alterspräsident ermordete Juden

■ Der brandenburgische SPD-Politiker Gustav Just war im Zweiten Weltkrieg an der Erschießung von ukrainischen Juden beteiligt/ Just heute: „Kein Ruhmesblatt“, aber „alter Hut“

Potsdam (taz/dpa) — Der sozialdemokratische Alterspräsident des brandenburgischen Landtags, Gustav Just, hat jetzt zugegeben, im Zweiten Weltkrieg freiwillig an der Exekution von Juden in der Ukraine beteiligt gewesen zu sein. Just bestätigte damit einen Bericht der 'Welt am Sonntag‘, er habe als 20jähriger Soldat im Rahmen einer sogenannten Vergeltungsmaßnahme an der Erschießung von sechs jüdischen Bürgern teilgenommen.

Dem Zeitungsbericht zufolge hat sich Just freiwillig zur Exekution gemeldet. Anschließend sei er zum Leutnant befördert worden. Das Blatt beruft sich dabei auf Aussagen des früheren Leiters des Aufbau- Verlages, Walter Janka, sowie auf Ermittlungsergebnisse der DDR- Staatsanwaltschaft im Zuge eines im Januar 1990 abgeschlossenen Kassationsverfahrens.

Just räumte ein, der Vorfall sei „kein Ruhmesblatt“ in seiner Geschichte, jedoch ein „alter Hut“. Er verwies dabei auf Veröffentlichungen von Protokollen des Kulturbundes von 1957, zu denen er sich gegenüber dem „Deutschland-Archiv“ bereits im November 1990 geäußert habe. Als Entlastung führt Gustav Just heute an, im Frontgebiet hätte es keine Gnade gegeben, er habe sich gegen den Schießbefehl nicht wehren können. Es sei jedoch fraglich, ob sein Handeln als Kriegsverbrechen bewertet werden könne. In diesem Falle hätten ihn die DDR-Behörden vermutlich schon 1957 deswegen verurteilt.

Just, 1921 geboren, war bis 1956 stellvertretender Chefredakteur der kulturpolitischen Wochenzeitung 'Sonntag‘. Nach SPD-Angaben wurde er 1956 aus der SED wegen „Bestrebungen um die Demokratisierung der DDR und um die Wiedervereinigung Deutschlands“ ausgeschlossen. 1957 wurde er zusammen mit Walter Janka und Wolfgang Harich in einem der größten politischen Prozesse der DDR-Geschichte zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Den Angeklagten, die im Zuge des XX. Parteitages der KPdSU und dem „Tauwetter“ unter Chrustschow oppositionelle Treffen veranstaltet hatten, wurden unter anderem auch DDR-feindliche Kontakte zur SPD vorgeworfen.

Nach seiner Haftentlassung arbeitete Just als freier Übersetzer. Im Dezember 1989 war Just an der Gründung der SPD im Kreis Bernau beteiligt, deren Kreisvorsitzender er bis vor kurzem war. Der Alterspräsident gilt nach Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) als einer der prominentesten SPD-Politiker in Brandenburg. Als Vorsitzender des Verfassungsauschusses erwarb Just landesweite Beachtung.

Gustav Just bezeichnete die Veröffentlichung über seine Beteiligung an Kriegsverbrechen in der Sowjetunion als eine „Hetzkampagne“ im Zusammenhang mit seiner Unterstützung Stolpes, den er in den vergangenen Wochen gegen die Vorwürfe einer Stasi-Mitarbeit verteidigt hatte. Der SPD-Landesvorsitzende Steffen Reiche (SPD) sagte, „was die SED zu ihren besten Zeiten nicht geschafft habe, versuche jetzt offenbar die CDU“. Wenige Tage vor der zweiten Lesung der Landesverfassung solle ein renommierter SPD-Vertreter in unredlicher Weise in Mißkredit gebracht werden.

Die Jüdische Gemeinde in Brandenburg will sich wegen der Veröffentlichungen zunächst mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland verständigen. Der stellvertretende Vorsitzende Theodor Goldstein erklärte, er wolle außerdem mit Just selbst sprechen, bevor er eine Stellungnahme abgebe. eis