Clara-Zetkin-Gedenkstätte ohne Zukunft?

■ Die Clara-Zetkin-Gedenkstätte in Birkenwerder ist nur knapp der Abwicklung entronnen und fristet nun ein mehr als kümmerliches Dasein/ Frauengruppen sind ohne sicheres Domizil/ Gehofft hatten sie auf eine Zukunft im Clara-Zetkin-Haus

Birkenwerder. Wo früher die Kommunistin gewürdigt wurde, sollte jetzt eigentlich die Frauenrechtlerin zu Ehren kommen — doch bis dahin scheint es noch ein weiter Weg zu sein. Nur knapp der vollständigen Abwicklung entronnen, fristet derzeit die Clara-Zetkin-Gedenkstätte in Birkenwerder ein mehr als kümmerliches Dasein. BesucherInnen verirren sich kaum noch in das kleine Dörfchen unweit der Berliner Stadtgrenze, seit Anfang diesen Jahres hatte die Bibliothekarin und nebenamtliche Museumsleiterin Regina Oergel gerade mal drei Leute durch die Räume zu führen.

Indes, viel zu sehen bekamen die auch nicht. Stand noch zu DDR-Zeiten die ganze zweigeschossige Villa dem Gedenken an Clara Zetkin zur Verfügung, beschränkt sich nun die Ausstellung auf zwei Räume. Im Rest des denkmalgeschützten Hauses breiteten sich die Ortsbibliothek und eine Dependance der Oranienburger Musikschule aus. Lediglich einige Möbelstücke, rund 350 Bücher und einige Schaukästen mit alten Handschriften erinnern noch daran, daß hier für einige Jahre die damalige Alterspräsidentin des Deutschen Reichstages lebte.

Erworben hatte Zetkin das Haus in dem Berliner Villenvorort im August 1927, bis zu ihrer Übersiedlung nach Moskau 1932 wohnte und arbeitete sie dort. Grund genug für die DDR-Regierung, der »großen Vorkämpferin des Sozialismus« anläßlich ihres 100. Geburtstages ein Museum einzurichten. Fortan war das Haus Pilgerstätte für Schulklassen, Arbeitskollektive, Frauengruppen und internationale Delegationen. Große Veranstaltungen gab es zudem alljährlich am 8. März, dem von Clara Zetkin initiierten Internationalen Tag der Frau. Wenngleich viele damit nur ihr eigenes Plansoll für Kultur erfüllten, wie Regina Oergel vermutet, die Gedenkstätte war auch regelmäßiger Treffpunkt vor allem für den Demokratischen Frauenbund Deutschlands.

Den gibt es nun nicht mehr, aber seine Nachfolger, unabhängige Frauengruppen in Birkenwerder und dem Landkreis Oranienburg sind nun ohne sicheres Domizil. Gehofft hatten sie eigentlich auf eine Zukunft im Clara-Zetkin-Haus, das, erweitert um Dokumentationen zur Geschichte der Frauenbewegung, sich gut als Frauenbegegnungsstätte eignen würde. Das zumindest glaubt die Berliner Rechtsanwältin Anne Klein, die sich stark für den Erhalt der Gedenkstätte engagiert. Aktiv wurde sie im vergangenen Herbst, als Gerüchte aufkamen, das nun in kommunalen Besitz übergegangene Museum solle ganz geschlossen und das Haus in ein Jugend- und Kulturzentrum umgewandelt werden. Der Abtransport von rund 1.400 Büchern aus dem Zetkinschen Besitz in das Berliner Museum für die deutsche Arbeiterbewegung ließ ebenfalls nichts Gutes erwarten.

Anne Klein schrieb an den Birkenwerderer Bürgermeister, die Oranienburger Kreisverwaltung und zuständige Landesministerien. Es folgten Gespräche und Ortsbesichtigungen, das Engagement auch von anderen Frauengruppen sicherten der Gedenkstätte zumindest eine Restexistenz. Ein ehrenamtlicher Beirat aus Vertreterinnen von Frauengruppen, HistorikerInnen und anderen Fachleuten, der die Gemeinde bei der Erstellung einer Museumskonzeption unterstützen könne, solle, so ein Sprecher des Potsdamer Kultusministeriums, nun ins Leben gerufen werden.

Obwohl das Land eigentlich nicht zuständig sei, sagt Pressesprecher Nowack, sei seinem Ministerium daran gelegen, daß die Ausstellung in Birkenwerder »weiterhin voll geöffnet und besuchbar« bleibe. Das Kultusministerium gedenke deshalb Anträge der Gemeinde um finanzielle Unterstützung »sehr wohlwollend zu prüfen«, das Arbeitsministerium werde eine ABM-Kraft für das Museum bezahlen. Daran mag allerdings der Bürgermeister von Birkenwerder, Kurt Vetter, nicht so recht glauben. Die ABM-Stelle habe seine Gemeinde bereits beantragt, Antwort sei noch keine gekommen. Von anderen finanziellen Zuwendungen wisse er nichts, ob sie je fließen werden, bezweifelt er. Der finanzielle Spielraum der Gemeinde sei im übrigen derart gering, daß sich Fragen nach einer neuen Konzeption für das Museum erübrigen würden. Die Besucherzahl »von nahezu Null« ist für den Bürgermeister ein weiteres Argument — warum Änderungen, wenn es doch keinen interessiert? Bibliothek und Musikschule werden also im Haus bleiben, ein — privat betriebenes — Café in den Kellerräumen ist bereits geplant.

Damit wird wohl auch Bibliothekarin Oergel ihren Nebenjob als Museumsleiterin nicht mehr los. Besonders glücklich ist sie darüber allerdings nicht. »Dafür fühle ich mich nicht kompetent genug. Eigentlich müßte das ein Historiker machen«, meint sie. Im »neuen« Museum sollte doch »der Mensch Clara Zetkin« im Mittelpunkt stehen, und darüber weiß Regina Oergel — noch — zu wenig. Zum Einarbeiten in die neue Materie hat sie auch kaum Zeit, die Leitung der gut besuchten, aber personell unterbesetzten Bibliothek bringt schon Streß genug mit sich. Dabei hatte sie noch Glück. Die wenigen BesucherInnen bisher kannten sich im Leben der Zetkin besser aus als ihre Führerin. »Da habe ich noch einiges gelernt«, freut sich Regina Oergel, die aber weiß, daß das kein Dauerzustand sein kann. Und überhaupt, Museumsleiterin: »Alle geben mir die Schuld für den jetzigen Zustand. Aber ich kann doch auch nichts dafür.« Theo Weisenburger