Ende mit Schrecken?

■ Dem »House of Music« ist mit sofortiger Wirkung die angeblich nicht vorhandene Gewerbegestattung entzogen

Die Gestattung gemäß §12 des Gaststättengesetzes — GastG — für den Musikerinteressenverein e.V. [...] versagen wir, da aus dem Antrag keine Angaben zur Art und Umfang des besonderen Anlasses hervorgehen und da für die Betriebsstätte ein gaststättenrechtliches Antragsverfahren eingeleitet wurde.« So herbe kann Behördensprache klingen, auch wenn sie nicht mehr aussagt, als daß das »House of Music« (H&M) ab dem 6.3., an dem das Schreiben einging, keine Veranstaltungen mehr durchführen, ja noch nicht einmal mehr ein Bier verkaufen darf. Der Musikerinteressenverein (MIV), der Mieter des Anwesens in der Langhansstraße 23 in Weißensee, fühlt sich dabei vom zuständigen Bezirksamt über den Tisch gezogen.

Der MIV hatte den vormaligen Jugendclub Anfang 1990 übernommen und fortan versucht, eine gastronomische Gewerbegenehmigung zu erwerben, weil vorgesehen war, weitere Veranstaltungen durchzuführen. Diese Genehmigung konnte nicht erteilt werden, da der MIV noch keinen Mietvertrag hatte. Der wurde dann schließlich zum 2.9.1991 unterzeichnet, obwohl schon vorher Veranstaltungen mit Wissen und teilweise unter Federführung des Kulturamtes im H&M stattfanden. Während dieser Zeit führte das Hygieneaufsichtsamt Kontrollen durch, und vom Bezirksamt Weißensee wurde mehrfach mündlich eine Gewerbegestattung bestätigt. Das bedeutet zwar, daß keine eigentliche Gewerbegenehmigung bestand, was aber ein durchaus übliches Verfahren ist, wenn die Konzession von einem Betreiber auf einen neuen wechselt. Der stellt dann einen Antrag auf Übernahme und erhält gewöhnlicherweise eine auf drei Monate befristete Gestattung. In dieser Zeit kann er den Betrieb weiterführen und die nötigen Auflagen erfüllen, um eine endgültige Genehmigung zu erwerben. Der MIV bemühte sich auch nach dem Abschluß des Mietvertrages noch um die Übernahme der Konzession. Als die zuständigen Ämter nicht darauf reagierten, ging man weiterhin von der Duldung aus.

Das Wirtschaftsamt behauptet nun, daß niemals eine Gewerbegenehmigung bestanden habe. Für den MIV ist es aber auf jeden Fall Tatsache, daß das Bezirksamt mehrfach mündlich die Gestattung erteilte. Ja, das zuständige Kulturamt vermietete sogar selbst die Räume für Fremdveranstaltungen, z.B. an die Konzertagentur Lengauer. Außerdem stand der MIV in Verhandlungen mit dem Bezirksamt über die Finanzierung einer Modernisierung, vor allem der Schalldämmung.

Die Probleme für das H&M hatten relativ harmlos begonnen, als sich die Anwohner über die Lautstärke und andere Unannehmlichkeiten in Zusammenhang mit den Veranstaltungen beschwerten. Die Kulturamtsdezernentin Frau Dr. Juretzke lud daraufhin den MIV, betroffene Ämter und Anwohner am 10.12.91 zu einem Treffen. Dort wurden die Probleme besprochen, der MIV gelobte Besserung, und ein neuerliches Treffen zum Zwecke der Überprüfung wurde für das erste Quartal 1992 avisiert. Bei einem weiteren Treffen zwischen Veranstaltern, Anwohnern und Presse am 29.2. bekundeten die Anwohner erneut, daß sie kein Interesse an einer Schließung des Hauses hätten, weil es mit seiner mittleren Größe für Weißensee einmalig sei.

Nach Darstellung des MIV war ein Großteil der Auflagen erfüllt, als Silvia Lerche, die erste Vorsitzende des MIV, am 24. Februar zum Kulturamt zitiert wurde. Obskurerweise wurde ihr nahegelegt, allein zu erscheinen. Grund war ein Brief der Anwohner vom 6.2. an den Bezirksbürgermeister, in dem sie sich nochmals über die Lautstärke beschwerten. Im Januar hatte allerdings nur ein Konzert stattgefunden, und die Lautstärke der Diskotheken bleibt nach Meinung aller Beteiligten im Rahmen. Bei diesem Treffen wurden dem H&M mündlich generell alle Veranstaltungen nach 22 Uhr untersagt. Eine Zeit, die keinen kommerziellen Betrieb mehr zuläßt, und auf den ist das H&M angewiesen, wenn es nur die Miete an das Bezirksamt zahlen will. Erst drei Tage vorher hatte eine Kontrolle durch das Gewerbeaufsichtsamt stattgefunden, bei der dem MIV wiederum nur mündlich bestätigt wurde, daß alles in Ordnung sei. Am 28. Februar teilte das Bezirksamt dem MIV schließlich telefonisch mit, daß keine Gestattung erteilt werden könne, nachdem sich der Verein in der Woche bemüht hatte, alle geforderten Unterlagen beizubringen. Ein für diesen Freitag vorgesehenes Konzert mußte daraufhin abgesagt werden, und das Kulturamt sagte das für den 6.3. vorgesehene Konzert der Gruppe UFO ebenfalls ab.

Davon will das Wirtschaftsamt, das den Fall nun endgültig übernommen hat und am 6.3. die oben zitierte Versagung der Gestattung aussprach, nun nichts mehr wissen. Für sie hat eine Gewerbegestattung oder gar -genehmigung für den MIV nie bestanden. Das Amt behandelt den MIV statt dessen als Neuantragssteller zum 1.9.91 und tut so, als hätte vorher kein amtlich kontrollierter Betrieb stattgefunden. Üblich wäre zumindest ein Antrag auf Übernahme, der ein Brachliegen des Betriebes verhindern würde. Bei einem Neuantrag kann die Genehmigung bis zu vier Monaten dauern. Ein Zeitraum, den der MIV finanziell nicht überstehen würde. Putzendes und gastronomisches Personal mußten bereits entlassen werden.

Für Ulf Hermann, den Pressesprecher des Bezirksamts, ist klar, daß »der Amtsschimmel gewillt ist, die Einrichtung zu erhalten«. Er geht auch von einer wesentlich kürzeren Bearbeitungszeit des Antrages aus und ist von einer einvernehmlichen Entscheidung auch zugunsten des MIV überzeugt. Für das Wirtschaftsamt Weißensee ist der Antrag des MIV jedoch ein ganz normaler Amtsvorgang, für dessen beschleunigte Bearbeitung keine Gründe vorliegen. Nach der vorhandenen Aktenlage geht es von einer Neuanmeldung aus, und diese dauern im Regelfall drei Monate.

Immerhin leiten die Ämter das Verfahren schnell ein. Bereits am 11.März soll eine Begehung der Räumlichkeiten mit allen beteiligten Ämtern stattfinden. Der MIV erwartet derweil voller Bange, ob wenigstens nach diesem Termin eine Gestattung erteilt wird und die damit verbundenen Auflagen. Ansonsten kann nur spekuliert werden, wer ein Interesse hat, das H&M zu Grabe zu tragen, oder ob das Bezirksamt nur seine eigene Schlampigkeit vertuschen will. Wahjudi/Winkler

P.S.: Der vom MIV durchgeführte Rockwettbewerb für das Fahrland- Festival in Potsdam findet trotzdem statt. Der Einsendeschluß für Bewerbungen wurde aufgrund der Ereignisse bis zum 20. März verlängert.