Studenten dürfen bleiben

■ Amtsgericht hilft Gewerbemietern in der Böckhstraße

Kreuzberg. Freude und Erleichterung für die etwa 30 BewohnerInnen der Böckhstraße 26: das Räumungsbegehren, das Hauseigentümer Helmut Kahmann gegen sie anstrengte, wurde gestern vor dem Amtsgericht Kreuzberg abgewiesen. Die zumeist studentischen MieterInnen können nun dort wohnen bleiben. Kahmann wird vermutlich in die Berufung gehen.

Zur Vorgeschichte: Der Seitenflügel in der Böckhstraße war vor 16 Jahren von dem gemeinnützigen Martinswerk e.V. gemietet worden, das die sieben einzelnen Wohnungen preiswert an StudentInnen weitervermietete. Vor drei Jahren wechselte der Hauseigentümer. Der neue Eigentümer Kahmann wollte aus dem Haus die gewerbeübliche sechsfache Miete herausholen. Da das Martinswerk dazu weder bereit noch in der Lage war, kündigte Kahmann. Das Martinswerk ließ sich verklagen und verlor letztes Jahr vor Gericht, weil es als gewerblicher Zwischenvermieter betrachtet wurde — obwohl das gemeinnützige Werk keinen Profit aus den Wohnungen schlägt.

Die studentischen MieterInnen blieben in dem Haus wohnen und ließen sich einzeln auf Räumung verklagen. Diesen Prozeß verlor Kahmann nun gestern in erster Instanz. Denn inzwischen war ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) ergangen: Demnach wird ein Untermieter, dem die ganze Wohnung von einem gewerblichen Zwischenvermieter überlassen wurde, dem normalen Hauptmieter gleichgestellt und genießt somit vollen Kündigungsschutz. Der BGH bezog sich dabei auf Häuser, die nach dem Bauherrenmodell finanziert worden sind. Der Anwalt der Böckhstraßen- MieterInnen, Melcher, führte erfolgreich vor dem Amtsgericht Kreuzberg aus, daß die Rechtsauffassung des BGH für alle Arten von gewerblichen Untermietsverhältnissen gelte, die Wohnmietverhältnisse sind.

Kahmann klagt darüber hinaus gegen das Martinswerk auf Schadensersatz, nämlich auf 210.000 Mark entgangene Mieteinnahmen. Diese Klage dürfte aber nun wenig Aussicht auf Erfolg haben. Wenn das Urteil vor dem Landgericht bestätigt wird, hat es grundsätzliche Bedeutung, da Hunderte von StundentInnen in solchen Mietrechtsverhältnissen leben. esch